Männer aus Baghouz, der letzten und umkämpften Hochburg des IS, werden von kurdischen Soldaten festgehalten und überprüft.

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Für Innenminister Herbert Kickl ist die Sache klar: "Keine Rückkehr für IS-Terroristen!", schreibt er auf seiner Facebook-Seite. "Wer für den IS gekämpft oder IS-Terroristen unterstützt hat, der hat unserer Demokratie, dem Rechtsstaat, dem Leben in Freiheit und unserem Wertesystem den Krieg erklärt." Er sehe keine Veranlassung, "diese tickenden Zeitbomben nach Österreich zurückzuholen".

Derzeit werden mehrere Personen aus Österreich in Syrien von kurdischen Milizen festgehalten. Unter ihnen ein 27-jähriger Mann aus Wien mit kurdisch-türkischen Wurzeln, der für den IS gekämpft hat, und eine 20-jährige Frau mit bosnischen Wurzeln, ebenfalls aus Wien, die sich vor Jahren dem IS angeschlossen hat und mittlerweile ein kleines Kind hat. Beide sind österreichische Staatsbürger, von beiden weiß man aus unterschiedlichen Quellen, dass sie nach Österreich zurückkommen wollen.

Schutz der Bevölkerung

Willkommen sind sie hier nicht, das hat auch Bundeskanzler Sebastian Kurz klargemacht. Der Schutz der eigenen Bevölkerung habe oberste Priorität, "insbesondere vor Personen, die sich schwerer Straftaten schuldig gemacht haben". Kurz beruft sich auch auf Frankreich, Dänemark und Großbritannien, die derzeit die Rücknahme von IS-Kämpfern verweigern.

Für die kurdische Selbstverwaltung in den syrischen Gebieten ist das ein Riesenproblem. Insbesondere nach der jüngsten Offensive haben die Milizen mehr als tausend IS-Kämpfer in Gefangenschaft, die sie kaum versorgen und bewachen können. Sie sind irgendwo im syrischen Niemandsland in riesigen Zeltlagern untergebracht und gelten als extrem gefährlich, gerade auch weil sie wieder unter sich sind – eine Brutstätte radikaler Ideologien.

Enorme Überforderung

Ein Gefängnis im herkömmlichen Sinn gibt es nicht. Hier sind auch die Frauen und Kinder der IS-Kämpfer untergebracht. Das sei für die kurdische Verwaltung eine enorme Überforderung und auch ein gewaltiges Sicherheitsproblem, sagt ein Verantwortlicher vor Ort im Gespräch mit dem STANDARD. 70 Prozent davon seien Ausländer, also keine Syrer. Insgesamt habe man 49 verschiedene Staatsangehörige ausgemacht. Russland habe bisher Frauen und Kinder tschetschenischer Herkunft zurückgenommen, Indonesien eine Familie, der Sudan zwei Frauen und Kinder, Kasachstan habe fünf IS-Kämpfer, elf Frauen und insgesamt 30 Kinder übernommen. An die amerikanischen Behörden sei eine US-Bürgerin mit ihren vier Kindern übergeben worden.

Keiner der europäischen Staaten habe bislang Bereitschaft gezeigt, gefangene IS-Kämpfer zurückzunehmen. Man habe die Außenministerien der jeweiligen Länder angeschrieben, berichtet Nülifer Koc, die Co-Vorsitzende des Kurdistan National Congress. Mit Österreich gebe es derzeit keine offiziellen Verhandlungen, aber inoffizielle Gespräche.

Transport organisieren

Das Außenamt bestätigt, dass es Bemühungen gibt, das Kleinkind der 20-jährigen Frau aus Syrien nach Österreich zu holen – nicht aber die Frau selbst. Eine internationale Hilfsorganisation würde den Transport des knapp zweijährigen Kindes organisieren.

Im Falle des 27-jährigen IS-Kämpfers gebe es derzeit keinen Kontakt mit diesem und für das Außenamt auch keinen Zugang zu dieser Gegend. Der Mann gelte zudem als "potenziell sehr gefährlich". Das Innenministerium ist am Rande betroffen. "Unsere Behörden würden den Haftbefehl vollziehen, wenn es einen gibt", sagt ein Behördensprecher. Für eine allfällige Rückholung, die man aber nicht anstrebe, sei jedenfalls das Außenministerium zuständig. Das wiederum verweist auf die Sicherheitsbehörden.

Die Aberkennung der Staatsbürgerschaft sei kein Thema und nach derzeitiger Rechtslage auch nicht möglich.

Haftbefehl und Prozess

Sollte der nun in Syrien festgehaltene Wiener wie auch immer zurückkehren, erwarten ihn ein Haftbefehl und dann ein Verfahren wegen des Verdachts auf Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung. Er war bereits 2013 von den Behörden in Wien einvernommen worden, wie die Staatsanwaltschaft am Dienstag einen Bericht des STANDARD bestätigte. Konsequenzen gab es damals nicht, 2015 reiste der Mann erneut nach Syrien, um sich dem Kampf für ein Kalifat anzuschließen. (Michael Völker, 5.3.2019)