Caen – Einen Tag nach der Messerattacke eines Islamisten in einem französischen Gefängnis sind Wärter in mehreren Haftanstalten des Landes in Streik getreten. Am Mittwoch waren 18 Gefängnisse blockiert, wie die Verwaltung mitteilte. Das Personal forderte mehr Sicherheit und bessere Arbeitsbedingungen. Bei dem Angriff waren zwei Wärter schwer verletzt worden.

Den größten Ausstand gab es in dem Hochsicherheitsgefängnis in Condé-sur-Sarthe in der Normandie, wo sich die Attacke am Dienstag ereignet hatte. Dort blockierten rund 130 Wärter die Zugänge und zündeten Holzpaletten an. Ein Vertreter der Gewerkschaft Force Ouvrière (FO) sprach von einem "unbegrenzten" Streik.

Ausstände gab es nach Medienberichten unter anderem auch in zwei Haftanstalten bei Paris sowie in Gefängnissen in Bordeaux im Südwesten und in Nizza im Süden des Landes.

Ein radikalisierter Häftling hatte in Frankreich zwei Gefängnisaufseher mit einem Messer verletzt und sich anschließend stundenlang in der Haftanstalt verschanzt. Am Dienstagabend nahmen Elitekräfte der Polizei den Mann und seine Lebensgefährtin fest, wie Frankreichs Innenminister Christophe Castaner auf Twitter mitteilte.

Bei dem Zugriff wurden beide durch Schüsse der Polizei verletzt. Die Frau starb, wie der Sender Franceinfo unter Berufung auf den Antiterrorstaatsanwalt Rémy Heitz berichtete. Der Mann sei nicht schwer getroffen worden und befinde sich nun im Krankenhaus.

Rache für Straßburger Attentäter

Den Angaben zufolge wollte der Häftling mit seiner Tat den Tod des Straßburger Attentäters Chérif Chekatt rächen, er soll "Allahu Akbar" ("Gott ist groß") gerufen haben. Bei dem Attentat in der elsässischen Metropole waren im Dezember fünf Menschen getötet worden, zwei Tage später wurde der polizeibekannte islamistische Extremist Chekatt bei einem Schusswechsel mit der Polizei getötet.

Frankreichs Justizministerin Nicole Belloubet sprach bei einer Pressekonferenz von einer terroristisch motivierten Tat. Die Anti-Terror-Staatsanwaltschaft übernahm die Ermittlungen.

Michael C. hatte nach Angaben eines Gewerkschaftsvertreters Dienstag früh unter "Allahu Akbar"-Rufen zwei Wachleute mit einem Messer schwer verletzt und sich dann mit seiner Lebensgefährtin in einem Zimmer verschanzt. Die französische Justizministerin Nicole Belloubet sagte, es gebe "keine Zweifel", dass es sich bei dem Angriff um Terrorismus handle. C. war 2010 zum Islam konvertiert und ist in dem Gefängnis als "radikalisierter" Islamist eingestuft.

Keramikmesser als Tatwaffe

Nach Angaben des Pariser Justizministeriums hatte sich der Gefangene mit seiner Lebensgefährtin in einem speziellen Familienbereich des Gefängnisses in Condé-sur-Sarthe aufgehalten und dort die Aufseher mit einem Keramikmesser attackiert. Die Polizei untersuchte, ob die Frau es ihm ins Gefängnis mitgebracht hat. Keramikmesser lösen bei Metalldetektoren keinen Alarm aus.

Nach Angaben eines Gewerkschaftsvertreters wurde ein Wachmann schwer am Oberkörper verletzt, ein zweiter erlitt Schnittverletzungen im Gesicht und am Rücken. Lebensgefahr für die Wachleute besteht nach Angaben der Justizministerin aber nicht.

Proteste der Gefängnismitarbeiter

Frankreichs Gefängnismitarbeiter protestieren seit langem immer wieder für mehr Sicherheit und bessere Arbeitsbedingungen. Innenminister Castaner bedankte sich via Twitter bei den am Einsatz beteiligten Polizisten: Sie hätten mit Mut, Besonnenheit und Professionalität gehandelt und "wieder einmal ihrer Uniform Ehre gemacht".

C. verbüßt in Condé-sur-Sarthe eine 30-jährige Haftstrafe für Entführung mit Todesfolge, bewaffneten Raub und für die Unterstützung von Terrorismus. Gemeinsam mit einem Komplizen hatte er im Jahr 2015 einen Mann bei einem Raubüberfall in dessen Haus erwürgt.

Ein zweites Mal wurde C. verurteilt, weil er seine Mithäftlinge dazu aufrief, den islamistischen Terroranschlag auf das Bataclan-Kulturzentrum in Paris zu wiederholen. Bei dem Anschlag im November 2015 starben 90 Menschen.

Die Haftanstalt in der Normandie gilt als eine der sichersten Frankreichs. Derzeit sitzen dort 110 Menschen in Haft. Obwohl C. als radikalisiert galt, war er laut Ministerin Belloubet nicht im zusätzlich gesicherten Trakt des Gefängnisses untergebracht, der vor wenigen Monaten eingerichtet wurde. (APA, 6.3.2019)