Semperdepot, Wien: Es geht ein Floß nach nirgendwo.

Foto: Anna Stöcher

Oje. Die Welt ist baden gegangen. Aber immerhin: Ein paar Leute konnten sich retten! Im neuen Tanzstück Da-nach der Wiener Choreografin Saskia Hölbling treiben sie auf einem instabilen Floß aus Gerümpel auf dem Holzboden eines weiten Raums im Semperdepot. Dort kommen sie nicht von der Stelle. Erst sind's nur drei, eine vierte Person wird noch aufgenommen, später ein Kind. Überraschenderweise zeigt das Quintett keinerlei Verzweiflung.

Vielleicht sitzt ja der Schock über den großen Untergang zu tief, möglicherweise hatten die Überlebenden jenes (unbenannt bleibende) Ereignis, das sie auf ihr Floß getrieben hat, vorausgesehen. Jedenfalls müssen sie jetzt ohne all das zurechtkommen, was zuvor so wahnsinnig wichtig war.

Denn was sie außer ihrem Floß noch besitzen, tragen sie als Kleidung an ihren Körpern. Also klettern sie umher, an- und übereinander, in scheinbar sinn- und zielloser Geschäftigkeit. Bis sie begreifen, dass sie als zusammengewürfeltes Grüppchen immerhin ihre Gemeinschaft haben.

Suchen statt Kämpfen

Hölbling verzichtet darauf, aus dieser kläglichen Situation die üblichen Dramen hochzupäppeln – also kein Kampf, kein Messer, kein Haifisch mit Zähnen im Gesicht. Nur ein geduldiges Suchen und Versuchen, irgendwie zusammenzufinden. Beim Hantieren mit ihrem Überlebensgestell freunden sich die Geretteten damit an, dass es halt weitergehen muss.

Choreografisch ist Saskia Hölbling hier wohl etwas zu genügsam geblieben. Doch das Geschehen auf dem Floß wird von Wolfgang Mitterers bildhaften Soundtrack-Klängen beharrlich durch die Wellen der Zeit getragen. Am Ende hat das Publikum die Mühen einiger Typen gesehen, die – wie das Stück selbst – nichts offenbar Besonderes an sich haben. Aber aufgepasst: In unserer Gegenwart knalliger Ich-Inszenierungen ist gerade die Unbuntheit der Tänzer im Stück Da-nach ein radikales Statement. (Helmut Ploebst, 5. 3. 2019)