Der Colville-Fluss in der Region North Slope hat schon jede Menge Überbleibsel aus der Kreidezeit freigegeben.
Foto: Patrick Druckenmiller

Fairbanks/Boulder – In der späten Kreidezeit war das globale Klima deutlich wärmer als heute. In der Region North Slope am nördlichen Rand des US-Bundesstaats Alaska erstreckt sich heute nur karge Tundra über Permafrostböden. Am Ende des Dinosaurierzeitalters hingegen blühte hier das Leben – und das, obwohl die Region damals sogar noch ein kleines Stück weiter nördlich lag als heute.

In den vergangenen drei Jahrzehnten haben Paläontologen dort die Überreste ganzer Dinsosauriergemeinschaften ausgegraben. Große pflanzenfressende Hadrosaurier kamen dort ebenso vor wie Verwandte des Tyrannosaurus oder des Troodons, eines deutlich kleineren opportunistischen Räubers, der ein für Dino-Verhältnisse recht großes Gehirn hatte.

Und zwischen den Säulenbeinen der Riesen wieselte vor 69 Millionen Jahren auch ein winziges Säugetier umher, berichten nur Forscher der Universitäten Alaska und Colorado im Fachmagazin "Journal of Systematic Palaeontology". Es erhielt die Bezeichnung Unnuakomys hutchinsoni – ein halb griechischer, halb der indigenen Sprache Inupiaq entnommener Name, der in etwa auf "Nachtmaus" hinausläuft.

Eines der größten Fragmente, die von Unnuakomys hutchinsoni übriggeblieben sind, ist dieses Stück Kiefer.
Foto: Jaelyn Eberle

Das Besondere an Unnuakomys, zumindest für heutige Verhältnisse: Es war ein Beuteltier und damit zugleich das am weitesten nördlich lebende Beuteltier, das man je gefunden hat. Heute ist das Nordopossum (Didelphis virginiana), das bis in den Süden Kanadas vorkommt, der einsame Rekordhalter. Auf den übrigen Kontinenten sind die Beuteltiere schon lange von der Nordhalbkugel verschwunden.

Die Forscher um Jaelyn Eberle konnten Unnuakomys aufgrund von etwa 60 Zähnen und Kieferbruchstücken rekonstruieren, die sie aus dem Sand der Fundstätte gesiebt hatten. Ihrer Analyse nach ähnelte das kreidezeitliche Tier in seinem Körperbau heutigen Beutelratten – allerdings war es wesentlich kleiner: Es war nur etwa so groß wie eine Hausmaus und wog keine 30 Gramm.

Die Forscher vermuten, dass Unnuakomys Insekten fraß und vielleicht unterirdisch gelebt haben könnte. Immerhin hatte es nicht nur mit gefährlichen Nachbarn, sondern auch mit harschen Umweltbedingungen zu tun. Zwar war es im Norden Alaskas damals etwas wärmer als heute, aber immer noch eher frisch – und 120 Tage im Jahr stockdunkel. (jdo, 9. 3. 2019)

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Das Nord- oder Virginia-Opossum ist heute das mit Abstand am weitesten nördlich lebende Beuteltier der Welt – und ein entfernter Verwandter des kreidezeitlichen Winzlings aus Alaska.
Foto: AP Photo/Mississippi State University, Russ Houston