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Jair Bolsonaro, Präsident.

Foto: Reuters/Marcelino

Sao Paulo – Nach heftiger Kritik in Zusammenhang mit einem obszönen Video vom Straßenkarneval auf dem Twitter-Konto von Brasiliens rechtspopulistischem Präsidenten Jair Bolsonaro hat dieser sich um Klarstellung bemüht. Mit der Aufnahme habe er nicht den Karneval an sich kritisieren wollen, sondern lediglich eine Verzerrung des für dieses Fest typischen Geistes, zitierte das Nachrichtenportal "Uol" aus einer Stellungnahme von Mittwochabend.

Forderung nach Amtsenthebung

Viele Nutzer hatten mit Unverständnis darauf reagiert, dass ein Präsident mit dreieinhalb Millionen Followern ein solch "pornografisches" Video in das Netz stellt und damit verbreitet. Einige forderten sogar, aus diesem Grund eine Amtsenthebung anzustrengen. Andere, darunter Mitglieder seiner Partei PSL, verteidigten sein Handeln. Dritte verwiesen darauf, dass es sich um einen Einzelfall während der ansonsten zwar durchaus kritischen, aber fröhlichen Karnevalstage gehandelt habe.

"Der Bevölkerung die Wahrheit zeigen"

Auf der Aufnahme, die Bolsonaro am Dienstagabend in seinen Account gestellt hatte, ist ein Mann zu sehen, der auf einer Bühne in São Paulo dem Publikum sein Gesäß entgegenstreckt und sich mit der Hand an den After fasst. Anschließend bückt er sich, während ein anderer Mann ihm auf den Kopf uriniert. "Ich fühle mich nicht wohl, dies zu zeigen. Doch wir müssen der Bevölkerung die Wahrheit zeigen, damit sie Bescheid weiß und immer ihre Prioritäten setzen kann", schrieb der seit Jänner regierende Staats- und Regierungschef dazu. Sie sollten kommentieren und ihre Schlussfolgerungen ziehen, forderte er die Twitter-Nutzer auf.

Später setzte Bolsonaro noch einen Tweet mit der Frage ab, was "Golden Shower" bedeute. Dieser Begriff tauchte in einem der Hashtags auf, die aus Kritik an dem Video entstanden waren. Damit gemeint ist eine sexuelle Praktik, bei der jemand auf einen anderen uriniert. Die Gruppe, die diesen Auftritt gezeigt hatte, gab zunächst keinen Kommentar dazu ab. Bolsonaro ist unter anderem wegen rassistischer und schwulenfeindlicher Kommentare umstritten.

Ein Twitter-Nutzer, ein Fotograf aus Recife, versuchte dem Präsidenten die Frage anhand eines Bildes zu beantworten.

Sieg für politische Parade beim Karneval

Die Gruppe Mangueira hat unterdessen beim Karneval in Rio mit einer sehr politischen Parade den Wettbewerb der Sambaschulen gewonnen. Mangueira wurde am Mittwoch zur Siegerin des spektakulären Schaulaufens gekürt und setzte sich damit gegen 13 andere Sambaschulen durch.

In ihrer Parade hatte Mangueira unter anderem die offene Sympathie des ultrarechten Staatschefs Jair Bolsonaro für die Militärdiktatur (1964 bis 1985) kritisiert. Die Sambaschule würdigte außerdem die vor einem Jahr ermordete schwarze Stadträtin Marielle Franco. Die offen homosexuelle Linkspolitikerin hatte unter anderem die Polizeigewalt in den Armenvierteln von Rio de Janeiro, den Favelas, angeprangert. Die Täter wurden bis heute nicht gefasst. Francos Witwe Mónica Benício lief in der Mangueira-Parade mit.

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Marielle Franco wurde im Sambódromo gewürdigt.
Foto: REUTERS/Pilar Olivares

Die Sambaschule ehrte auch die verborgenen Helden der brasilianischen Geschichte – Schwarze, Indigene, Arme – die in den Schulbüchern unerwähnt bleiben. Die europäische Kolonisation wurde als Friedhof eingeborener Völker dargestellt.

Bei dem Wettbewerb waren an zwei Tagen 14 Sambaschulen mit jeweils zwischen 2.500 und 4.000 Teilnehmern durch das 700 Meter lange "Sambódromo" gezogen, die Karnevalsarena der brasilianischen Millionenmetropole. Viele Sambaschulen setzten dabei auf Symbole der Toleranz und Offenheit – eine Antwort auf Staatschef Bolsonaro, der immer wieder gegen Minderheiten Stimmung macht.

"Politische Botschaft"

Mangueira habe mit der Parade "eine politische Botschaft an das ganze Land" entsandt, sagte der künstlerische Leiter der Sambaschule, Leandro Vieira. "Der Karneval ist das Fest des Volkes." Der Karneval sei hingegen nicht, was Bolsonaro denke. (APA, 7.3.2019)