Bakterien finden immer wieder Wege, um die Wirkung von antibiotisch aktiven Substanzen abzuschwächen oder zu neutralisieren. Solche Antibiotikaresistenzen der Keime werden gefördert, wenn Antibiotika nicht richtig angewendet werden – aber auch durch übertriebene Raumhygiene, wie Forscher der TU Graz in einer Studie im Fachblatt "Nature Communications" berichten.

Bakterien eilt der Ruf als Krankheitserreger voraus. Sie gefährden allerdings nicht grundsätzlich unsere Gesundheit: Ein ausgewogenes Mikrobiom – also die Gesamtheit der den Menschen besiedelnden Mikroorganismen – sorgt dafür, dass aggressive, krankmachende Erreger nicht ungehindert in den Körper eindringen können. Durch den Einsatz antibiotischer Medikamente kann diese schützende Balance verloren gehen. Die Forscher um Gabriele Berg untersuchten, wie das Ausmaß von Reinigungs- und Hygienemaßnahmen in verschiedenen gebauten Umgebungen die Entwicklung von Keimen – insbesondere von antibiotikaresistenten – beeinflusst.

Mikroben auf der Intensivstation

Konkret hat das Team das Mikrobiom sowie das Resistom (die Gesamtheit aller Antibiotika-Resistenzgene der jeweiligen mikrobiellen Flora) an der Intensivstation der Grazer Uniklinik für Innere Medizin unter die Lupe genommen. Dieses haben sie mit stark kontrollierten Reinräumen der Luft- und Raumfahrtindustrie und mit alltäglichen Wohnräumen verglichen. Dazu arbeiteten die Wissenschafter mit den neuesten Metagenomik-Analysen sowie der Genom- und Plasmid-Rekonstruktion.

Das nicht ganz überraschende Ergebnis: Räume mit hohem Hygieneniveau gingen mit dem Verlust der mikrobiellen Vielfalt einher. Der Verlust der mikrobiellen Diversität stehe aber auch in einer Korrelation mit einem Anstieg der Resistenzen. "In stark mikrobiell kontrollierten Umgebungen der Intensivstation und der industriell genutzten Reinräume finden sich vermehrt Antibiotikaresistenzen, die ein hohes Potenzial aufweisen, sich mit Krankheitserregern zu verbinden", sagte Studienleiter Alexander Mahnert.

Pflanzen rein, Fenster auf

Die Forscher schließen daraus, dass eine stabile mikrobielle Vielfalt in klinischen Bereichen der Ausbreitung von Resistenzen entgegenwirken kann. Die mikrobielle Kontrolle von Krankheitserregern werde schon an Kulturpflanzen und auch an Menschen im Rahmen von Stuhltransplantation erfolgreich angewendet, "unsere Studie ist eine erste Basis dafür, solche Ideen künftig auch in Innenräumen zu verfolgen", resümierte Berg. Eine einfache Lösung zur Erhöhung der mikrobiellen Vielfalt bestehe darin, den Luftaustausch mit der Außenumgebung durch regelmäßige Fensterlüftung zu erhöhen, so die Autoren.

Auch Zimmerpflanzen könnten positiv wirken: Die Grazer Autoren haben schon in einer Pilotstudie das Mikrobiom der Grünlilie untersucht. Sie konnten nachweisen, dass diese beliebte Zimmerpflanzenart und ihre spezielle Mikroben-Mixtur die Mikrobengemeinschaft in Räumen deutlich beeinflusst. Nicht zuletzt könnte die Reduktion von antibakteriellen Reinigungsmitteln aus Sicht der Grazer Experten eine weitere Strategie sein, um die mikrobielle Vielfalt in der gebauten Umgebung des Menschen zu erhalten. (APA, red, 7.3.2019)