Pflückwand: De Boer (Amsterdam) begeisterte bei der Tefaf 2018 mit einer dem Thema Trompe-l'oeil gewidmeten Installation aka Standgestaltung.

Foto: Tefaf / Loraine Bodewes

Selig die Zeiten, als sich die Klientel um die Ware regelrecht gestritten habe, die Gemälde buchstäblich von den Wänden und das Kunstgewerbe aus den Vitrinen gezerrt hätte. Irgendwann, in den 1970er- und frühen 1980er-Jahren, sei das der Überlieferung nach auf Kunstmessen eher die Norm als die Ausnahme gewesen. Paradiesische Zustände für den Kunsthandel, allein sie sind Geschichte.

Der gegenwärtig agierenden Generation ist dieses Phänomen gänzlich unbekannt. Gründe dafür gibt es einige, die Konkurrenz, etwa auch durch die Auktionsbranche, ist nur einer unter vielen. Die Legion an gewerblichen Anbietern steht längst einer bestenfalls stagnierenden Schar an potenziellen Käufern gegenüber.

Neben Stammkunden braucht es vor allem Neukunden, auf die man am ehesten im Umfeld von Kunstmessen trifft. Darauf hoffen auch die nun in Wien anberaumten Verkaufsevents: Die Wiener Internationale Kunst & Antiquitätenmesse in den Palais Ferstel und Niederösterreich (bis 17. 3.) sowie die in der Hofburg stattfindende Art Vienna mit Fokus auf zeitgenössische Kunst (15.-17. 3.).

Wirtschaftsfaktor Kunstmesse

Für den Handel sind Kunstmessen essenziell, zumindest 40 Prozent des jährlichen Umsatzes entfallen auf Verkäufe aus diesem Umfeld. Zeitgleich schätzen sowohl private als auch institutionelle Sammler diese Form des Marktplatzes. Laut einer internationalen Umfrage der Kunstmarktökonomin Clare McAndrews erfolgen deren Ankäufe in Galerien (24 Prozent), bei Künstlern (18 Prozent) und Auktionen (zehn Prozent) während 19 Prozent auf Messen entfallen.

Den weltweit im Zuge von Messetransaktionen erwirtschafteten Umsatz beziffert der "Art Basel UBS"-Marktbericht zuletzt auf 15,5 Milliarden Dollar. Dem gegenüber stand ein kumulierter Kostenaufwand von 4,6 Milliarden Dollar für Transporte, Versicherung, Werbung oder Reisespesen. Insofern sind Kunstmessen ein durchaus willkommener Wirtschaftsfaktor. Das gilt besonders für Hotel- und Gastronomiebetriebe.

Davon kann das im Süden der Niederlande gelegene Maastricht ein beispielhaftes Liedchen trällern. Dort sind die Hotels seit Monaten ausreserviert, denn ab kommender Woche (16.-24. 3.) hält mit der Tefaf (The European Fine Art Fair) die Mutter aller Kunst- und Antiquitätenmessen Hof. Ein im internationalen Messezirkus in seiner Ausrichtung einzigartiges Format, zu dem jährlich an die 70.000 Besucher pilgern. Nirgendwo sonst auf der Welt wird ein derart breites Spektrum an Kunst aller Gattungen und Epochen in dieser Güteklasse kredenzt.

Maastricht: Verkauf ab Katalog

Dafür stehen heuer knapp 280 Teilnehmer aus rund 20 Nationen ein, darunter eine mit 40 überraschend hohe Anzahl an Neuausstellern. Den stärksten Zuwachs verbucht dabei die Sektion "Tefaf Modern" mit 13 neuen Galerien und ihrem von klassischer Moderne bis in die Gegenwart individuell bestückten Programm.

Der Verkauf hat übrigens längst begonnen, schließlich wissen die Aussteller um Vorlieben ihrer Stammklientel und haben diese längst über ihre Highlights informiert. Die für Donnerstag anberaumte Preview fungiert noch vor der offiziellen Eröffnung am Freitag als probates Druckmittel. Andere kaufen zeitgerecht ab Katalog, heuer ein 660 Seiten starker Wälzer. Dieserart wechselte bereits vergangenes Wochenende ein Kandelaberpaar aus dem 18. Jahrhundert den Besitzer, das, laut dem deutschen Kunsthändler Peter Mühlbauer, einst wohl zur Ausstattung der Albertina gehörte. Mühlbauer erwarb sie aus dem Nachlass des im Herbst 2013 verstorbenen Wiener Kollegen Reinhold Hofstätter und reichte sie nun an einen monegassischen Käufer weiter.

Österreich-Delegation

Die aus Österreich anreisende Formation umfasst nicht nur Kunsthändler, sondern eine Reihe von Experten. Konkret Mitglieder der für ihre Strenge bekannten Jury: Dazu gehören Gudrun Swoboda (Kuratorin der Gemäldegalerie) und Stefan Krause (Sammlungsdirektor Hofjagd- und Rüstkammer) aus dem Kunsthistorischen Museum sowie die ehemaligen Museumsdirektoren Gerbert Frodl (Belvedere) und Tobias Natter (Leopold-Museum).

Wienerroither & Kohlbacher (Wien, New York) präsentieren ein Angebot, das Zeichnungen von Gustav Klimt und Egon Schiele sowie eine Selektion von Arbeiten Alfred Kubins umfasst. Bei Thomas Salis (Salzburg) harren Werke von Édouard Vuillard und Georges Braque sowie ein Frühwerk von Arnulf Rainer aus dem Jahr 1956 ihrer Interessenten. Wolfgang Bauer (Bel Etage, Wien) bringt wiederum ein in seinem Umfang reiches Programm an international gefragtem Jugendstildesign, darunter ein von Koloman Moser entworfener Salonschrank, der 2008 bei einer Ausstellung in der Tate Liverpool gastierte. (Olga Kronsteiner, ALBUM, 11.3.2019)