Doppelzimmer und eine heruntergekommene Stockwerksküche sucht man in modernen Studentenheimen vergeblich. Sie setzen auf Lifestyle.

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Wien ist eine Studentenstadt. Nun wird sie auch zur Studentenheimstadt. Denn derzeit befinden sich so viele davon in Bau wie nie. 2.900 Zimmer werden in den nächsten Jahren entstehen, die Hotspots sind der dritte Bezirk – hier entstehen 670 Zimmer in einem der Triiiple-Türme und 380 Zimmer in St. Marx – sowie der 22. Bezirk. Hier wird der DC Tower 3 mit 830 Zimmern zum größten Studentenheim des Landes werden.

Und laut Christoph Lukaschek, Leiter der Investmentabteilung bei Otto Immobilien, wird das Angebot in den kommenden Jahren sogar noch weiter wachsen. Denn Investoren haben Studentenheime für sich entdeckt. Wien, mit 200.000 Studierenden die größte deutschsprachige Studierendenstadt, ist begehrt. Und zwar sowohl bei passiven Investoren als auch bei Investoren, die das Studentenheim selbst betreiben wollen. So wie beim DC Tower 3, der auf Vermittlung von Otto Immobilien und Knight Frank im Vorjahr an den amerikanischen Investor Greystar verkauft wurde.

Einfache Rechnung

Den Überlegungen der Investoren liegt eine einfache Rechnung zugrunde: Den 200.000 Studierenden standen im Wintersemester 2017/18 etwa 19.500 Studierendenheimplätze zur Verfügung. Das entspricht einer Unterbringungsquote von neun Prozent. "Im internationalen Vergleich liegt nach wie vor eine Unterversorgung vor", sagt Lukaschek. Zum Vergleich: In München liegt diese Quote bei zwölf, in Paris nur bei fünf Prozent.

In Wien treffe nun eine "riesige Nachfrage" von Investorenseite auf ein "überschaubares Angebot". Denn so gut wie alle Produkte, die in den kommenden Jahren auf den Markt kommen, wurden bereits im Planungs- oder frühen Baustatus verkauft.

Diese Projekte sind überraschend homogen: Sie sind im eher höherpreisigen Segment angesiedelt – und statt Doppelzimmern gibt es kompakte, fixfertig möblierte Einzelstudios mit Schlafzimmer, Küche und Bad. "Alles andere ist derzeit im privaten Segment nicht darstellbar", sagt Lukaschek. Das Preisniveau liegt, je nach Anbieter, bei bis zu 975 Euro, wie aus einem Marktbericht von Otto Immobilien hervorgeht.

Heim als "Lifestyleprodukt"

"Das Studentenheim ist zu einem gewissen Teil ein Lifestyleprodukt", erklärt Lukaschek. Ein WG-Zimmer wäre in vielen Fällen billiger. Aber zu den Entscheidungsfaktoren für ein Studentenheim zählt laut Marktbericht neben der All-inclusive-Miete auch die "tolle Umgebung mit vielen Menschen" und Zusatzangebote wie Fitnessräumen.

Lukaschek rechnet sogar damit, dass der Standard bei Studentenheimen in den kommenden Jahren noch steigt; etwa was Lage, Design und das Thema Sicherheit angeht, etwa durch Kameraüberwachung und Zutrittskontrollen.

Im hochpreisigen Segment sind laut Lukaschek auch Mischformen im Kommen. Einige Projekte in Wien richten sich nicht nur an Studierende, sondern auch an Young Professionals, also Berufseinsteiger. "Man darf es aber nicht übertreiben", so Lukaschek: Das Lifestyle-Produkt Studentenheim lebe von den Personen, die darin wohnen. "Und das darf man nicht zu sehr verwässern."

Kein Rückgang der Nachfrage

Aber wie viel Luft gibt es noch nach oben? Das hängt davon ab, wen man fragt. Während nichtgewinnorientierte Heimträger im STANDARD schon vor leeren Betten warnten, glauben Projektentwickler und Investoren weiter an das Potenzial. "Ich glaube, der Zenit im deutschsprachigen Raum und in Österreich ist noch nicht erreicht", erklärte Markus Moucka von der Stonehill Group vor kurzem beim Jahresforum Hotelimmobilie in Wien. Nachsatz: "Aber wir sind nahe dran."

Auch der Entwurf eines neuen Studentenheimgesetzes, der private Anbieter mehr in die Pflicht nehmen würde, habe zu keinem Rückgang der Nachfrage geführt, sagt Lukaschek. Er glaubt, dass jene Projekte, die nun gebaut werden, funktionieren, solange die Lage passt. "Und die, die keine gute Lage haben, werden am Konzept arbeiten – oder am Preisgefüge." Und selbst wenn die Studierenden ausbleiben, dann gibt es auch einen Plan B: Für Objekte in passenden Lagen sei auch eine reguläre Wohnnutzung oder Seniorenwohnen denkbar. (Franziska Zoidl, 14.3.2019)