Jazz im Konzerthaus: Thomas Quasthoff

Foto: Gregor Hohenberg

Es war 2012, da beschloss Thomas Quasthoff, mit dem Singen aufzuhören. Er, der an der Staatsoper als Amfortas in Wagners Parsifal brillierte, wollte, konnte nicht mehr. Nach wie vor ist diese Klassik-Abstinenz aktuell, der Deutsche hat aber seine jazzige Seite reaktiviert. Also: Nicht nur Lesungen und Pädagogik bringen ihn in die Öffentlichkeit. Quasthoff bereist die Lande, und die CD Nice 'n' Easy zeigt aktuell, dass er auch das swingende Fach auf eigene Weise beherrscht.

Jazz-Profi wollte Quasthoff, ein Contergan-Opfer, nie werden, erzählte er einmal dem STANDARD: "Wenn man in Jazzclubs gespielt und erlebt hat, dass da 15 Leute sitzen und von denen auch nur vier zuhören – das war nicht mein Lebenswunsch." Die Gefahr leerer Plätze besteht nicht mehr.

Keine Arien

Die Klassikerfolge haben Quasthoff in eine Sphäre der Popularität katapultiert, die ihn große Häuser füllen lässt. Bereits in seiner Klassikphase hat er etwa auf Watch What Happens sein Gefühl für vokale Dosierung demonstriert. Gewählte Balladen wurden nicht zu opulenten Arien, sie wurden durch Zurücknahme zu poetischen Miniaturen.

Natürlich ist Quasthoff kein typischer Jazzsänger. Wer ihn aber seine Solonummer umsetzen gehört hat, in der er den Stil Bobby McFerrins simuliert, vernimmt Intensität, die jedem Vergleich standhält.

Und wenn Quasthoff den Nerv einer Ballade trifft, wird er mit der klassisch geschulten Stimme und ihrem langen Atem zum stilvollen Exegeten von Alltagsgeschichten. Viele Jazzvokalisten bekommen das nicht in gleicher Weise hin. (tos, 8.3.2019)