Glyphosat trinken würden die wenigsten. Angeblich lässt es sich trotzdem in vielen Körpern nachweisen.

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Wien – Bis 2022 ist Glyphosat als Pestizid in der EU zugelassen, dann steht eine erneute Prüfung an. Mit einem aktuellen Urteil des Gerichts der Europäischen Union (EuG) wird es bei der kommenden Wiederzulassungsprüfung jedoch spannend. Denn bisher wurden Studien, die Glyphosat als ungefährlich einstuften, unter Verschluss gehalten. Diese müssen jetzt offengelegt werden.

Aktuell gilt die Verwendung von Glyphosat offiziell als ungefährlich in der EU. Während das Internationale Krebsforschungszentrum (Cric) von einem Krebsrisiko bei der Verwendung von Unkrautvernichtern mit diesem Wirkstoff ausgeht, kam die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa) zu gegensätzlichen Ergebnissen. Auf Grundlage der Efsa-Bewertung wurde die Glyphosat-Zulassung 2017 für fünf Jahre verlängert.

Die unveröffentlichten Studien sind Untersuchungen, die von Konzernen in Auftrag gegeben oder direkt von ihnen durchgeführt wurden. Kritiker erhalten durch das aktuelle Urteil die Möglichkeit, diese zu prüfen. Die bisherige Intransparenz des Verfahrens führte zuletzt im Jänner zum Eklat. Das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) kam in die Kritik, weil es Passagen wortwörtlich von Monsanto abgeschrieben haben soll.

Die Efsa begrüßte indes die Entscheidung: Sie bringe Klarheit im Umgang mit derartigen Daten. Wie genau es im Fall der Glyphosat-Studien weitergeht und wann diese veröffentlicht werden, ist noch unklar.

Reform soll mehr Transparenz bringen

Voraussichtlich wird es grundsätzlich bald mehr Transparenz bei der Lebensmittelsicherheit in der EU geben. In den kommenden Wochen entscheidet das Europäische Parlament über eine Reform des Allgemeinen Lebensmittelrechts, Mitte des Jahres soll sie in Kraft treten. Der Umgang mit wissenschaftlichen Studien zur Risikobewertung wird sich damit vermutlich nachhaltig verändern. Die Efsa ist dann verpflichtet, bereits zu Beginn eines Prüfverfahrens alle einbezogenen Studien zu veröffentlichen – auch diejenigen, die von Konzernen erstellt wurden.

Die Reform ist nicht zuletzt Ergebnis des Engagements der europäischen Bürgerinitiative "Stop Glyphosat". Für deren Mitbegründer und Global-2000-Mitarbeiter Helmut Burtscher ist die Neuerung "so gut, wie wir uns es nicht getraut haben, uns vorzustellen". Das zeige, dass gemeinsam auch gegen den Widerstand vieler Behörden und Unternehmen Erfolge erzielt werden könnten.

Über 1,3 Millionen Unterschriften sammelte die Initiative "Stop Glyphosat" 2017 europaweit.
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Klagen gegen Hersteller in USA

Nicht nur in Europa sehen sich Glyphosat-Hersteller mit Kritik konfrontiert. In den USA hat Ende Februar ein Prozess gegen die Bayer AG begonnen, die Monsanto im vergangenen Jahr um rund 63 Milliarden Dollar (55 Milliarden Euro) übernommen hatte. Monsanto hatte den selbstentwickelten Wirkstoff Glyphosat in den 1970er-Jahren patentieren lassen. Der US-Kläger macht Monsantos Roundup – ein Unkrautvernichtungsmittel mit Glyphosat – für seine Krebserkrankung verantwortlich. Rund 9.300 Klagen sind in den USA insgesamt gegen den Bayer-Konzern anhängig.

In Österreich verzichten viele Baumärkte bereits seit Jahren auf den Verkauf des Unkrautvernichtungsmittels, über das Internet kann es aber weiterhin ohne Schwierigkeiten erworben werden. Für die Anwendung gibt es keine Empfehlungen zum Tragen von Schutzkleidung. Nicht nur Landwirte seien gefährdet, sondern auch Hobbygärtnerinnen und -gärtner. Der Wirkstoff sei "sehr problematisch" und hätte keinesfalls zugelassen werden dürfen, sagt Burtscher zum STANDARD. 35.000 Tonnen Glyphosat werden in der EU jährlich verbraucht, damit ist es aktuell eines der meistbenutzten Herbizide. (jugi, 11.3.2019)