Das sogenannte "Window of Opportunity" hat der im Herbst aus dem Amt scheidende EZB-Chef Mario Draghi längst verpasst. Bereits im Vorjahr hatten einige Volkswirte geraunt, dass der Italiener bereits 2017 die Weichen für den schrittweisen Ausstieg aus der ultraexpansiven Geldpolitik hätte stellen sollen. Wohl auch aus Rücksichtnahme auf sein Heimatland, gewissermaßen die weiche Flanke der Währungsunion, zögerte Draghi den Ausstieg aus dem billionenschweren Anleihenkaufprogramm hinaus und zementierte den Leitzins bei null ein.

Und zwar nicht bloß bis Ende 2019, wie Draghi nun ankündigte, sondern eher auf unbestimmte Zeit. Denn der angepeilte Zielwert für die Inflation von knapp unter zwei Prozent wird sich zumindest bis 2021 nicht einstellen, selbst die EZB erwartet dann bloß 1,6 Prozent Teuerung im Euroraum. Somit wird Draghi als jener EZB-Chef in die Geschichte eingehen, der in seiner Amtszeit niemals die Zinsen erhöht hat – und auch sein Nachfolger wird bis auf weiteres die Zinszügel wohl nicht straffen können.

Denn die Konjunktur schwächt sich ohnedies bereits merklich ab, dazu lasten mit dem Handelsstreit zwischen den USA und China sowie der Unsicherheit um den Brexit zwei Damoklesschwerter über der europäischen Wirtschaft. Bezeichnend ist der Einbruch der chinesischen Exporte im Februar um ein Fünftel – wohl nur eine Momentaufnahme, aber eine alarmierende. Jedenfalls kein Umfeld für Zinserhöhungen.

Zum Handkuss kommen dabei die auf Zwangsdiät gesetzten Sparer. Bereits vor einem Jahr hat die Allianz die finanziellen Auswirkungen der Niedrigzinspolitik der EZB auf Österreichs Haushalte seit der Finanzkrise errechnet – und mit einem Zinsentgang von 10,4 Milliarden Euro beziffert. Eine Verlustrechnung, bei der künftig wohl noch einige Milliarden hinzukommen werden. (Alexander Hahn, 8.3.2019)