Alufix braucht Geld, die Zeit drängt. Knapp 170 Arbeitsplätze stehen auf dem Spiel.

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Sie ist fast neunmal so dünn wie ein Haar. Unter enormem Druck gewalzt und weichgeglüht, schmiegt sie sich um Ofenerdäpfel und Pausenbrote. Was sie knisternd umwickelt, schützt sie vor Licht, Luft und Wasser. Kebab-Verkäufer machen sich ihre Reißfestigkeit ebenso zunutze wie Friseure. Hinter Heizkörpern reflektiert sie Wärme. In der Sonne glitzernd, jagt sie Vögel in die Flucht. 1923 während der Inflation diente sie in Deutschland sogar kurzzeitig als Geld.

Die Alufolie breitet sich in Europas Haushalten seit mehr als 80 Jahren kontinuierlich aus. Als steril, bakterienfrei, sauber, bequem und wieder verwendbar lobt sie die Industrie. Für viele Ökologen und Mediziner ist sie ob ihrer hohen Belastung für Umwelt und Gesundheit ein rotes Tuch. In Österreich steht nun ihr einziger Produzent vor einer Zerreißprobe.

Expansion nach Osteuropa

55 Jahre ist es her, dass Familie Hayer unter der Marke Alufix mit dem Handel von Alufolien, Müllsäcken und Plastikfolien startete. 1988 kam der Betrieb in den Besitz des damaligen Geschäftsführers Bernhard Petr. Vor vier Jahren übernahm dessen Sohn Alexander alle Anteile am Unternehmen. Von Wiener Neudorf in Niederösterreich aus wurde seit den frühen 90er-Jahren an zügig nach Osteuropa expandiert. Niederlassungen spannen sich heute über mehr als ein Dutzend Länder. Neben Österreich wird in Tschechien, Rumänien und China produziert.

Seit dieser Woche ist Alufix insolvent. Der Betrieb läuft, beliefert wird er jedoch nur noch über Vorauskasse. Große Partner wie die EVN wollen ihr Geld. Die Passiva summieren sich laut des Kreditschützers Creditreform auf mehr als 52 Millionen Euro. Viel Geld ist gefragt, vor allem aber drängt die Zeit. 167 Arbeitsplätze stehen in Wiener Neudorf auf dem Spiel.

"Wir versuchen alles, um eine Fortführung von Alufix zu ermöglichen, sagt Michael Lentsch, der sich als Masseverwalter am Freitag einen Überblick über das Unternehmen verschaffte. Er werde alle Partner an einen Tisch holen.

Steckt die Alufolie in der Krise? Eine neue Statistik zeigt das Gegenteil: Europas Folienwalzer haben 2018 bereits zum dritten Mal in Folge einen Rekord eingefahren. Sie lieferten 942.500 Tonnen, das sind um drei Prozent mehr als im Jahr davor. Dünne Folien, die primär flexiblen Verpackungen und Haushaltsfolien dienen, legten um mehr als vier Prozent zu, erhob der europäische Alufolienverband Eafa. Vor allem Exporte boomen. Viele starren Verpackungen werden durch flexible ersetzt, erläutert Eafa-Geschäftsführer Guido Aufdemkamp.

Eine Fläche wie Montenegro

Kaffeehersteller wie Jacobs sattelten von Kunststoff- auf Aluminiumkapseln um. Quer durch die Lebensmittel- und Tierfutterbranche ist das Metall ebenso breit und vielfältig im Einsatz wie im Pharmabereich bei Medikamenten. Pro Kopf verbraucht so jeder Europäer im Jahr ganze 26 Quadratmeter Alufolie. In Summe ergibt das eine Fläche so groß wie Montenegro, die allein Verpackungen dient.

In Österreich engagiert sich hier Constantia Teich, die jährlich eine Milliarde Quadratmeter für die Lebensmittelindustrie erzeugt.

Schwierig gestaltet sich hingegen der Markt für klassische Haushaltsfolien, sagt Aufdemkamp. Sie verliere zusehends an Boden. "Es ist ein schleichender Prozess."

Schulbuffets ersetzen die in Silberpapier verpackte Jause. Butterbrotpapier und Plastikboxen laufen der Alurolle den Rang ab – eine aus Sicht der Umweltberatung längst notwendige Entwicklung. Aluminium wird unter hohem Energieaufwand erzeugt. Für den dafür notwendigen Rohstoff Bauxit werden Regenwälder gerodet, mit all den fatalen Folgen für Klima, Bevölkerung und Tierwelt. Bei der Produktion bleibt ätzender und mit Schwermetallen verunreinigter Rotschlamm übrig, dessen Lagerung riskant ist, wie ein folgenschwerer Unfall 2010 in Ungarn zeigte.

"Unnötige Risiken"

Für Michaela Knieli, Expertin der Umweltberatung, sind auch gesundheitliche Bedenken nicht von der Hand zu weisen. Aluminium reagiert mit Säure wie Salz und steht im Verdacht, Alzheimer auszulösen. "Es gibt einfach zu viele unnötige Risiken und viele ökologische Alternativen."

Alufix kauft fertig gewalzte Folien zu und verarbeitet sie weiter. Dem Unternehmen dürfte aber nicht nur der sinkende Bedarf zusetzen. Europas Folienmarkt, ob aus Alu oder Kunststoff, ist schwer umkämpft. Cofresco versorgt mit Marken wie Toppits von Deutschland aus die Konsumenten. Holländische, polnische und französische Konkurrenten mischen ebenso mit, vielfach mit Handelsmarken. Das US-Geschäft wickelt Branchenriese Reynold's ab. Wie Alufix bieten die meisten von ihnen neben Alufolie ein breites Haushaltssortiment an, von Backpapier bis hin zu Kunststoffsäcken.

Alufix hofft nun auf Sanierung und sucht Investoren. Gespräche laufen, Interesse wird internationalen Anbietern nachgesagt. (Verena Kainrath, 9.3.2019)