Haut den Hut drauf: Sahra Wagenknecht.

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Frankfurt am Main – Erst ein gutes halbes Jahr ist die deutsche Sammelbewegung "Aufstehen" alt, sie steckt quasi noch in den Kinderschuhen. Und jetzt muss sie ohne prominente Unterstützung laufen lernen.

Linken-Fraktionschefin Sahra Wagenknecht, die das Projekt im Sommer 2018 mit ihrem Ehemann, dem Linken-Politiker Oskar Lafontaine, initiiert hat, zieht sich aus der Spitze zurück.

Verantwortung abgeben

"Wir brauchen eine Neuaufstellung an der Spitze von 'Aufstehen'", erklärte Wagenknecht in der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" (FAS). "Die Parteipolitiker sollten sich zurücknehmen, das betrifft auch mich selbst. Sie waren mit ihren Erfahrungen anfangs notwendig. Aber jetzt ist es richtig, Verantwortung abzugeben." Die Bewegung könne "besser leben, wenn sie denen übergeben wird, die sie an der Basis ohnehin tragen".

"Aufstehen" hatte sich vor allem an unzufriedene Mitglieder, aber auch frustrierte Wählerinnen und Wähler von SPD, Linker und Grünen gewandt. Wagenknechts Ziel: Die Bewegung solle so stark werden und so viel Druck auf die drei Parteien ausüben, dass diese ihre Politik ändern und wieder "linkere" Positionen in ihr Programm aufnehmen. Sozialdemokraten und Linke sollten sich vor allem für mehr staatliche Sozialleistungen einsetzen, die Grünen wieder verstärkt an die Friedensbewegung ihrer Gründungsjahre anknüpfen.

Zehntausende Unterstützer

Wagenknecht und Lafontaine waren die prominentesten Gesichter von "Aufstehen". Aus den Reihen der Grünen hatte die ehemalige Bundestags-Vizepräsidentin Antje Vollmer die Bewegung unterstützt, aus der Sozialdemokratischen Partei war der bekannte deutsche Sozialpolitiker Rudolf Dreßler beigetreten.

Derzeit hat "Aufstehen" 170.000 Unterstützer. Wagenknecht will sich aber nicht gänzlich abseilen, sie steht für gelegentliche Auftritte weiterhin zur Verfügung. "Aber ich muss auch sehen, welches Arbeitspensum ich schaffe. Dass ich jetzt zwei Monate krankheitsbedingt ausgefallen bin, hatte auch mit dem extremen Stress der letzten Jahre zu tun. Da muss ich eine neue Balance finden", so Wagenknecht.

Von den linken Parteien zeigt sie sich enttäuscht. Diese hätten sich "eingemauert" und wollten nicht aus ihrer "Sackgasse" heraus. (bau, 10.3.2019)