Haben keine Akkreditierung für die Türkei bekommen: Jorg Brase (li.) und Thomas Seibert.

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Istanbul/Ankara/Brüssel/Berlin – Nach dem Entzug der Akkreditierung für zwei deutsche Journalisten hat die EU-Kommission die türkische Regierung aufgefordert, die Arbeit ausländischer Journalisten nicht zu behindern. "Wir erwarten von den türkischen Behörden, dass sie dafür sorgen, dass die Pressefreiheit geachtet wird", sagte eine Sprecherin von EU-Erweiterungskommissar Johannes Hahn am Montag der Nachrichtenagentur AFP. Medienfreiheit sei Grundlage für eine funktionierende Demokratie. Die Kommission verfolge die Vorgänge genau.

Die türkische Regierung hatte den Türkei-Korrespondenten des ZDF und des "Tagesspiegel" die Akkreditierung entzogen. Beide verließen darauf am Sonntag das Land, da sie nicht mehr ihrer Arbeit nachgehen konnten. Wie die Nachrichtenagentur AFP aus EU-Kreisen erfuhr, will die Kommission die Fälle der beiden Journalisten am Freitag beim Assoziierungsrat mit der Türkei in Brüssel ansprechen.

Das ZDF bereitet indessen laut dpa eine Klagen gegen die Ablehnung der Akkreditierung vor. ZDF-Intendant Thomas Bellut bezeichnete die Ausweisung als "gänzlich unverständlich".

"Verweigerung nicht nachvollziehbar"

Auch die Regierung in Berlin protestierte gegen das Vorgehen Ankaras gegen deutsche Korrespondenten. "Für uns ist diese Verweigerung der Akkreditierungen nicht nachvollziehbar", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin. Man nehme es mit Bedauern und Unverständnis zur Kenntnis, dass zwei Journalisten deshalb ausreisen mussten. Die Angelegenheit sei mit der Ausreise nicht erledigt. "Wir werden deren Interessen weiter vertreten", sagte Seibert.

ZDF-Korrespondent Jörg Brase und "Tagesspiegel"-Reporter Thomas Seibert hatten am Sonntag die Türkei verlassen. Das Presseamt in Ankara hatte ihnen wie einem nicht ständig in der Türkei lebenden NDR-Reporter vor rund einer Woche mitgeteilt, dass ihr Antrag auf eine neue Pressekarte nicht bewilligt worden sei. Gründe nannten die Beamten nicht.

"Nicht einschüchtern lassen"

Brase und Seibert kündigten an, auch weiterhin über die Türkei zu berichten. "Ich bin der Meinung, dass die Entscheidung der Türkei mehr schadet als dem ZDF oder mir", sagte Brase in Istanbul. Die türkische Regierung habe es geschafft, die nationalen Medien weitgehend mundtot zu machen, nun versuche sie es auch mit den internationalen Medien, kritisierte der ZDF-Korrespondent. "Davon sollten wir uns aber nicht einschüchtern lassen."

Er bleibe Korrespondent für die Türkei, den Iran und Afghanistan, sagte Brase. Womöglich werde er nach Teheran gehen, weil die iranische Regierung ihm alle notwendigen Papiere gegeben habe.

Seibert sagte in Istanbul: "Ich bin seit 22 Jahren ohne Unterbrechung als Korrespondent in der Türkei akkreditiert, da fällt der Abschied natürlich nicht leicht." Er fügte hinzu: "Das Leben geht weiter, ich kehre nun nach Deutschland zurück."

Willkürlichen Akkreditierungsentzug

Der Chef von Reporter ohne Grenzen (ROG) Deutschland, Christian Mihr, sagte am Sonntag: "Mit dem willkürlichen Akkreditierungsentzug für deutsche Korrespondenten setzt die türkische Regierung ihren Feldzug gegen die Medienvielfalt fort." Nach dem Putschversuch von 2016 hatte Erdogan zahlreiche Medienhäuser in der Türkei per Dekret schließen lassen. Viele türkische Journalisten sitzen in Haft. Auf der Rangliste der Pressefreiheit von ROG belegt die Türkei Platz 157 von 180.

Keine Österreicher betroffen

Von dem Vorgehen der türkischen Behörden sind nach Informationen des Außenministeriums keine österreichischen Journalisten betroffen. Das teilte ein Sprecher des Ministeriums auf Anfrage mit. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) forderte unterdessen einmal mehr einen Abbruch der Beitrittsverhandlungen mit der Türkei. (APA, AFP, dpa, red, 11.3.2019)