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Feierlichkeiten bei der Übergabe einer Boeing 737 Max 8 an die US-Billigairline Southwest.

Foto: REUTERS/Jason Redmond

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Der erste Start eine Boeing 737 Max 8 im Jahr 2016.

Foto: APA/AFP/GETTY IMAGES/STEPHEN BRA

Frankfurt/Paris – China, Indonesien und Äthiopien lassen bis auf weiteres keine Boeing 737 Max 8 mehr abheben, der weltgrößte Reisekonzern Tui prüft ein Startverbot. Zu unsicher erscheinen Maschinen des Unglückstyps nach dem zweiten Absturz in relativ kurzer Zeit. Zwei Flugzeugkatastrophen innerhalb eines halben Jahres, das setzt den US-Flugzeugbauer Boeing gehörig unter Druck. Erst im Oktober ist eine 737 Max 8 der Lion Air in Indonesien verunglückt – ebenfalls kurz nach dem Start. Die Ursache ist noch nicht vollständig geklärt.

An der Börse verlor die Boeing-Aktie am Montag massiv an Wert. Die Anteilsscheine des französischen Triebwerkslieferanten Safran gerieten ebenso in den Abwärtssog. Auch wenn derzeit spekuliert wird, dass eine Software an beiden Abstürzen schuld gewesen sein könnte (siehe Fragen & Antworten). An der Wall Street erleiden die Papiere des weltgrößten Flugzeugherstellers den größten Tagesverlust seit den Terroranschlägen in New York am 11. September 2001.

Desaster für Boeing

Während Anleger sich bereits ein Urteil gebildet haben dürften, wird noch einige Zeit vergehen, ehe man Genaueres über die Absturzursache wissen wird, so der deutsche Luftfahrtexperte Cord Schellenberg zum STANDARD. Für Boeing wie für alle Fluggesellschaften, die entsprechende Flugzeugtypen in der Flotte haben, heiße es nun, einmal auf Ergebnisse und Anweisungen der US-Luftfahrtbehörde FAA zu warten. Diese wiederum wird auf Grundlage der unabhängigen Unfalluntersuchung sowohl äthiopischer als auch amerikanischer Experten (weil das Flugzeug aus US-Produktion stammt, ist die US-Verkehrsbehörde NTSB involviert) entscheiden, was nun zu geschehen hat. Dafür kann ein offizielles Zwischenergebnis reichen.

Für den amerikanischen Flugzeugbauer ist der Absturz ein echtes Desaster, ist doch die 737 Max 8 ein echter Verkaufsschlager, die 737er-Reihe überhaupt das meistverkaufte Verkehrsflugzeug der Welt. Die Neuauflage der seit den 1960er-Jahren gebauten Boeing 737 wird mit dem Namenszusatz Max mit größeren und sparsameren Triebwerken erst seit 2017 ausgeliefert. Bis Ende Jänner wurden 5011 Jets bestellt, 350 bereits den Kunden übergeben.

In Deutschland stehen die ersten Auslieferungen für Tuifly an. Immerhin: Der norwegische Billigflieger Norwegian als einer der größten europäischen Betreiber hat sich gegen ein Flugverbot entschieden. Auch in den USA darf die Maschine weiter fliegen.

Im Match um die Kunden für Kurz- und Mittelstreckenflugzeugen dürfte sich das Unglück für Boeing als echter Rückschlag erweisen. Denn derzeit hat das Konkurrenzmodell, der Airbus A320 neo, ohnehin die Nase vorn. Das Verkaufsargument für die Arbeitspferde der Fluggesellschaften lautet bei beiden, wirtschaftlich effiziente Flugzeuge anzubieten, die mithilfe der aktuellsten Triebwerksvarianten den Kerosinverbrauch deutlich senken. Mit dem Sicherheitsargument kann Boeing derzeit kaum punkten.

Konkurrenz am Himmel

Je nach Flottenpolitik pflegen sich die Airlines entweder für Boeing oder für die europäische Konkurrenz zu entscheiden. Airbus-Maschinen haben etwa der ungarische Billigflieger Wizz, der britische Konkurrent Easyjet, die Lufthansa mit ihren Töchtern Eurowings und AUA sowie die Ryanair-Tochter Laudamotion im Einsatz. Die Boeing 737 Max wird besonders gern von amerikanischen und asiatischen Fluggesellschaften gewählt. Aber auch einige europäische Airlines wie Ryanair setzt auf Boeing. Mit der 737 Max 8 steuert Turkish Airlines manchmal Zürich und Basel an. In Wien ist der Flugzeugtyp rar, nur die Charterairline Smartwings landet gelegentlich mit dem Flieger in Schwechat. Unter der rot-weiß-roten Flagge ist keine einzige dieser Maschinen unterwegs.

Ein vorläufiges Start- und Landeverbot für die Maschine – wie dies die chinesische Luftfahrtaufsicht verordnet hat – könnte damit nur die EASA, die die europäische Agentur für Flugsicherheit, erteilen, sagt ein Pressesprecher des Verkehrsministeriums zum STANDARD. Auch diese ist aber zunächst auf die Untersuchungsergebnisse aus den USA angewiesen. In Europa steht die EU-Agentur für Flugsicherheit laut Sprecher der EU-Kommission mit den Behörden in Kontakt. Auf Grundlage der Informationen werde man das Risiko einschätzen und möglicherweise weitere Schritte einleiten. (Claudia Ruff, Regina Bruckner, 11.3.2019)

Anmerkung: Dieser Artikel wurde aktualisiert