Manager im Anzug genauso wie Kids mögen E-Scooter. Die Geräte würden sich für 250.000 Österreicher als Mobilitätsalternative eignen – theoretisch.

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Mit elektrischen Kleinfahrzeugen durch die Stadt zu flitzen, boomt. Das sieht man derzeit in Wien, wo gleich fünf Verleiher E-Scooter anbieten. Zwei weitere sollen in nächster Zeit hinzukommen. Auch Graz hat schon Leihscooter, Anfang März startete ein Sharing-System in Linz, weitere Städte werden folgen.

Aus gutem Grund: Das Fahren mit den E-Scootern macht Spaß – und könnte mithelfen, den (fossil betriebenen) Verkehr in der Stadt zu reduzieren. Mobilitätsexperten sehen sich durch diese Fahrzeuge jedoch noch vor eine Vielzahl an Detailfragen gestellt. Wo sollen E-Scooter wirklich fahren dürfen? Auf der Fahrbahn, dem Radweg oder auf dem Gehsteig? Oder gleich neue E-Scooter-Wege einrichten? Was passiert, wenn es vermehrt zu Unfällen kommt? Und was, wenn der Boom nach kurzem wieder verschwindet?

Ob und wie sich E-Scooter am sinnvollsten in das Stadtbild und ein gesamtheitliches Mobilitätskonzept integrieren lassen, untersucht das Center for Mobility Systems des Austrian Institute of Technology (AIT) in einem von der Förderagentur FFG unterstützten Projekt.

Marktanalyse für Kleinstfahrzeuge

Zunächst gingen die Forscher der Frage nach, wie die Chancen stehen, dass E-Scooter auch in Zukunft so gut angenommen werden wie heute. Man erinnere sich an den zur Jahrtausendwende angekündigten Hype um die Segways, die die Straßen erobern sollten. Heute, fast zwei Jahrzehnte später, sind Segways gerade noch Spaßfahrzeuge, die von ein paar Touristengruppen ab und an für Ausflüge angemietet werden. "Um sicherzugehen, haben wir eine Marktanalyse gemacht", sagt AIT-Projektleiter Klemens Schwieger.

Analysiert wurde dabei nicht nur der Markt für E-Scooter, sondern auch der für andere elektrische Klein- und Kleinstfahrzeuge. Unter all den E-Skateboards, E-Longboards, One Wheels und Ninebots gibt es auch schon Geräte – konkret die Hoverboards – deren Hype zu Ende zu gehen scheint. "Für E-Scooter aber", so Schwieger, "scheint ein langfristiges Zukunftspotenzial vorhanden zu sein."

Theoretisch würde sich diese elektromobile Fortbewegungsart für ungefähr neun Prozent der mobilen Österreicher zwischen 25 und 64 Jahren eignen. "E-Scooter werden so gut wie in allen Altersklassen akzeptiert." Jugendliche fahren genauso gern damit wie ältere Personen und Manager im Anzug.

Den Forschern zufolge würde sich für rund 250.000 Menschen in Österreich ein E-Scooter als Mobilitätsalternative eignen. Auf diese Zahl kommt man, wenn man die Zahl der Pendler hochrechnet, die tägliche mit dem Auto oder den Öffis eine Wegstrecke von drei bis vier Kilometern zu ihrem Arbeitsplatz zurücklegen.

Ob die alle aber umsteigen werden? "Wir sind gerade bei der empirischen Überprüfung unserer theoretischen Annahmen", sagt Schwieger. Probanden und Probandinnen werden nun über ihr Mobilitätsverhalten befragt. Basierend darauf erarbeiten die AIT-Experten Empfehlungen für Verantwortliche in Politik und Verwaltung.

Vom Fahrrad- auf den Gehweg

Denn gerade bei der Frage, was ein E-Scooter überhaupt ist – ein "Kinderspielzeug" oder ein "echtes Fahrzeug", das angemeldet werden muss -, scheiden sich international die Geister. In Deutschland etwa, so Schwieger, gebe es noch keine Lösung. "E-Scooter sind auf deutschen Straßen offiziell verboten. Man überlegt sich, ob man eine Anmeldung, gleich wie für Autos, einführen sollte." Für Österreich erscheint dies widersinnig, so Schwieger. "Damit würde die einfache Benützbarkeit verlorengehen."

In Wien hat man eine Möglichkeit der bundesweit geltenden Straßenverkehrsordnung ausgenützt und die E-Scooter, immerhin bis zu 25 Kilometer in der Stunde schnell, Fahrrädern rechtlich gleichgestellt. "Dafür dürfen sie nun die Fahrbahnen und Fahrradwege benutzen." Doch Achtung, pendelt man von Wien aus nach Niederösterreich, ist das Benützen des Fahrradweges verboten. "Dort muss man mit dem E-Scooter auf den Gehsteig wechseln. Denn außer in Wien gilt die Sonderregelung nirgendwo in Österreich."

Eine Unfallanalyse musste noch aufgeschoben werden. "Die Polizei erhebt bisher nicht, ob das bei einem Unfall beteiligte Kleinstfahrzeug elektrisch angetrieben war oder nicht." Das sollte in Zukunft anders sein, so eine AIT-Empfehlung, die sicher im Endbericht 2020 stehen wird. (Norbert Regitnig-Tillian, 16.3.2019)