Die dezentrale Energiegewinnung sorgt für einen neuen Bedarf an Informationsübermittlung.

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Wien – Die Elektrizitätsnetze werden umgebaut. Anders als früher speisen nicht mehr nur große Kraftwerke Strom ein. Immer mehr Energiequellen, besonders Fotovoltaik- und Windkraftanlagen, kommen dazu. Die dezentrale Energiegewinnung sorgt allerdings für einen neuen Bedarf an Informationsübermittlung.

Denn in den Smart Grids, den intelligenten Stromnetzen der Zukunft, fließen nicht nur Energieströme zwischen den Knotenpunkten hin und her, sondern auch Daten; Daten, die von den jeweiligen Komponenten "verstanden" und richtig verarbeitet werden müssen. Wie in vielen Bereichen neuer Technologien, bei denen eine Vielzahl von Forschungseinrichtungen und Unternehmen Entwicklungen einbringen, muss man sich auch bei Smart Grids auf gemeinsame Standards einigen.

Um sicherzustellen, dass Wechselrichter, Ladestationen und viele weitere Teile im Smart Grid reibungslos zusammenarbeiten, müssen sie – am besten bereits in einer frühen Entwicklungsphase – getestet werden. Genau zu diesem Zweck lud die FH Technikum Wien Organisationen, die an neuer Energietechnik arbeiten, vor kurzem in ihre Labors. Im Rahmen des "Connectathon Energy 2019" wurde eine Open-Source-Testplattform zur Verfügung gestellt, mit der die reibungslose Zusammenarbeit von Smart-Grid-Komponenten nachgewiesen werden sollte.

"In einem Smart Grid benötigen wir Softwarekomponenten, die die notwendigen Abstimmungen durchführen können. Diese Komponenten müssen einheitliche Schnittstellen bekommen, die ausreichend getestet wurden", sagt Stefan Sauermann, Key Researcher Interoperability and Standards an der FH Technikum.

Nachricht an Wechselrichter

Wenn eine Siedlung über tausende Solarzellen verfügt, werden diese zusammengefasst an das Netz angebunden. Liefert die Anlage bei Sonne zu hohe Spannung, muss von einer Leitstelle ein Signal an die Wechselrichter vor Ort übertragen werden, so ein Beispiel für einen Kommunikationsvorgang im Energienetz. In Kombination mit Wettervorhersagen kann eine automatisch und intelligent agierende Software etwa vorausschauend Energie anbieten.

Die Testplattform, die beim Connectathon verwendet wurde, basiert auf einer Entwicklung aus dem medizinischen Bereich, sagt Matthias Frohner von der Fakultät Life Science Engineering der FH Technikum. Im Spitalsverbund müssen viele verschiedene Softwareprodukte kommunizieren, auch hier muss eine problemlose Zusammenarbeit der Produkte sichergestellt sein. Die Testfälle der Energietechnik kommen direkt aus der Praxis, versichert Frohner. Bereits existierende KommunikationsStandards fließen in die Spezifikationen ein, die die Produkte der teilnehmenden Entwickler erfüllen müssen.

Bei der Etablierung eines komplexen und großen Gesamtsystems, wie das beim Umbau der Stromversorgung der Fall ist, reiche es nicht aus, einfach nur technologische Standards zur Verfügung zu stellen, betont Sauermann. Der Austausch bei den Testmeetings begleite die Veränderungen und könne viele Praxisfragen beantworten. Im Smart Hybrid Energy Lab der FH Technikum, wo Projektleiter Karl Knöbl und Kollegen im Zuge eines Lehrlabors ein ganzes Ortsnetz simulieren, war man für die physikalische Seite der Tests zuständig.

Hintergrund des Connectathon an der FH Technikum ist das dreijährige Forschungsprojekt "IES – Integrating the Energy System Austria", bei dem Hersteller und Anwender von Smart-Grid-Technologien kooperieren. Ziel ist, die Interoperabilität der Kommunikationskomponenten im Energiesystem sicherzustellen. Ein erster "Connectathon Energy" fand bereits 2018 in Den Haag in den Niederlanden statt. (Alois Pumhösel, 17.3.2019)