König, Heilsbringer, Lebensretter: Der Kranz an Vorschusslorbeer, der dem neuen Trainer von Real Madrid derzeit gewunden wird, könnte sich für einen Geringeren als Zinédine Zidane wie eine Schlinge um den Hals anfühlen. Der 46-jährige Franzose aber, der neun Monate nach seinem freiwilligen Abgang auch Präsident Florentino Pérez zuliebe auf seinen Posten zurückkehrt, läuft nicht Gefahr, seinen Legendenstatus beim berühmtesten und erfolgreichsten Klub der Fußballgeschichte zu beschädigen.

Viermal hat "Zizou" mit den Königlichen die Champions League gewonnen, einmal als Spielmacher der Galaktischen zum 100. Geburtstag des spanischen Rekordmeisters 2002 sowie dreimal en suite als Trainer. Als ihn Pérez quasi in der Stunde der höchsten Not anrief, habe er keine Sekunde gezögert. Seine Batterien seien hinreichend aufgeladen, um dem wankenden Riesen, der in dieser Saison ohne Titel bleiben wird, wieder Halt zu geben. Im Sommer werden Zidane nahezu unbegrenzte Mittel zur Verfügung stehen, um neue Stars einzukaufen. Wer aber auch immer kommt, der größte Star wird auf der Trainerbank sitzen.

Der in das Marseiller Problemviertel La Castellane hineingeborene Sohn algerischer Einwanderer war dreimal Weltfußballer, führte Frankreichs Équipe Tricolore zum Titel bei der Heimweltmeisterschaft 1998 und zwei Jahre später zur Europameisterschaft.

Mehr als all die Erfolge, die Meisterschaften und Weltpokale mit Juventus Turin und Real, blieben aber die dem Endzweck verpflichtete Brillanz und kraftvolle Eleganz des Spiels von Zidane in Erinnerung. Und jene Unbeherrschtheit im Berliner WM-Finale 2006, die ihn, eine rote Karte und Frankreichs Niederlage in Kauf nehmend, Italiens Provokateur Marco Materazzi per Kopfstoß niederstrecken ließ, die also den fehlbaren Menschen hinter dem Fußballgott zeigte.

Aus dem abseits des Rasens menschenscheuen Häferl ist längst ein Trainer-Sir geworden. Der Vater von vier fußballspielenden Söhnen im Alter zwischen 13 und 23 Jahren weiß über die Balance innerhalb einer Mannschaft aus Fußballmillionären alles. Zidane, der Offizier der Ehrenlegion, braucht nicht auf Respekt zu pochen, er genießt ihn als lebende Legende. Er habe auf sein Herz gehört, sagte er anlässlich seiner Rückkehr zu Real und klopfte sich immer wieder mit der rechten Hand auf die Brust. Da blieb bei den Real-Aficionados kaum ein Auge tränenleer. (Sigi Lützow, 12.3.2019)