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Deal or no deal? Diese Frage beschäftigt nicht nur britische Politiker, auch Unternehmer fürchten um ihr Geschäft.

Foto: AP/Alastair Grant

London – Großbritannien will im Fall eines ungeordneten EU-Austritts die Einfuhrzölle drastisch reduzieren. Die Zölle auf 87 Prozent der Importe sollen wegfallen, teilte die Regierung Mittwochfrüh mi. Derzeit sind bereits auf 80 Prozent der Einfuhren zollfrei. Die Zollbefreiung würde laut Plan zwölf Monate lang gelten.

Das Vorhaben soll verhindern, dass Großbritanniens Wirtschaft und Konsumenten im Fall eines ungeregelten Brexits unter einem sprunghaften Preisanstieg leiden. Auf bestimmte Produkte wie Fleisch- und Milchwaren sollen Zölle jedoch bestehen bleiben. Dadurch will die Regierung Landwirte schützen. Auch die Keramik- und die Autoindustrie sollen ausgenommen werden. Keine Zölle sollen hingegen auf Produktgruppen wie Aluminium, Stahl, Waffen, Schuhe, Papier und Holz anfallen.

Keine Grenzkontrollen

Die Regierung will außerdem keine neuen Kontrollen für Waren einführen, die über die Landgrenze von Irland nach Nordirland gelangen. Demnach sollen EU-Güter, die in die Nordirland bleiben, gemäß einem zeitweisen und einseitig erhobenen Maßnahmenplan zollfrei sein. Gelangen die Waren über Nordirland nach Großbritannien, müssten sie aber verzollt werden. In Irland wurden bereits Sorgen laut, dass die Insel dadurch zu einem Schmugglerparadies werden könnte.

Eine "Guardian"-Journalistin veröffentlichte die Zollliste auf Twitter.

Zugleich erklärte Großbritannien, dass ein Brexit mit Abkommen nach wie vor das Ziel sei. "Unsere Priorität ist, einen Deal mit der EU zu sichern, weil das eine Beeinträchtigung unserer weltweiten Handelsbeziehungen verhindern würde", erklärte Handelsminister George Hollingbery.

Die temporären Maßnahmen seien die einzige Möglichkeit, um am Bekenntnis festzuhalten, im Fall eines No-Deal-Brexits eine harte Grenze zwischen Irland und Nordirland zu verhindern. Die Regierung wolle alles in ihrer Macht Stehende tun, um eine Rückkehr zu einer harten Grenze zu verhindern.

Neue Handelsverträge

Die Zollsenkung für den Fall eines Hard Brexit wäre zwar positiv für Konsumenten, erhöht aber den Wettbewerbsdruck für heimische Produzenten. Auch der Verhandlungsspielraum für geplante Handelsverträge wäre dadurch, zumindest temporär, eingeschränkt. London bemüht sich derzeit, eigene Handelsabkommen mit Nicht-EU-Staaten zu schließen. Brexit-Befürworter hatten diesen Prozess als äußerst vorteilhaftes Unterfangen gepriesen. Bisher waren die großen Handelspartner der Briten noch zurückhaltend.

Im Februar wurde bekannt, dass von rund 40 EU-Freihandelsabkommen mit Drittländern, von denen Großbritannien bisher profitiere, nur sechs auch im Fall eines EU-Austritts ohne Abkommen gesichert wären. Bei vielen weiteren scheinen die Verhandlungen zu stocken. Für einige, darunter Japan und die Türkei, sei keine rasche Einigung in Sicht, berichtete die "Sun" unter Berufung auf ein Regierungsdokument.

Bereits fixiert sind Abkommen mit der Schweiz, Chile, mehreren süd- und ostafrikanischen Ländern und den Färöern. Sollte Großbritannien am 29. März geregelt aus der EU ausscheiden, ist vorgesehen, dass Brüssel seine Handelspartner darum bittet, die EU-Abkommen auch für Großbritannien für die Übergangsphase bis mindestens Ende 2020 weiterzuführen. (red, APA, 13.3.2019)