Maurice Weihs aus Niederösterreich spielt "Rocket League" für die britische E-Sports-Organisation Team Dignitas. Mit seiner Mannschaft konnte er kürzlich ein 100.000-Dollar-Turnier gewinnen.

Foto: Team Dignitas

Team Dignitas ist im Gegensatz zu Bayern München vielen Menschen hierzulande unbekannt. Dabei zählt das Rocket League-Team der E-Sports-Organisation zur absoluten Königsklasse. Mit dabei ist der 19-jährige Niederösterreicher Maurice "Yukeo" Weihs, der seit Jänner 2019 für Team Dignitas spielt und im Februar ein 100.000-Dollar-Turnier gewinnen konnte.

DreamHack Rocket League

STANDARD: Sie sind derzeit Österreichs erfolgreichster E-Sportler – wie sind Sie zum Gaming gekommen?

Weihs: Im August 2015 habe ich mir Rocket League gekauft. Zu Beginn habe ich nur an Wochenenden gespielt, aus Spaß, mit Freunden. Ernster wurde es erst Mitte 2017. Zu der Zeit habe ich jeden Tag gespielt und mir wirklich detaillierte Gedanken über alle meine Fehler im Spiel gemacht und überlegt, was ich machen kann, um besser zu werden. Anfang 2018 wurde ich dann zum ersten Mal von einem professionellen Team gefragt, ob ich ihm beitreten will. Natürlich habe ich Ja gesagt.

STANDARD: Wie kann man sich Ihren Alltag vorstellen?

Weihs: Vormittags erledige ich wichtige Sachen. Mittags streame ich für circa drei Stunden auf Twitch, wo ich mit meinen Fans interagiere. Danach nehme ich mir ein bis zwei Stunden Pause zum Essen und Nachdenken. Um 17 Uhr übe ich dann für zwei bis drei Stunden mit meinem Team. Abends gehe ich ins Fitnessstudio, um einen freien Kopf zu bekommen und etwas für meine Gesundheit zu tun. Zusammengefasst kann ich mir den Alltag so gestalten, wie ich will, solange ich die zwei bis drei Stunden Übungszeit mit meinem Team einhalte.

STANDARD: Wie kam es dazu, dass Sie zum britischen Team Dignitas gewechselt sind?

Weihs: Dignitas war 2018 fast das ganze Jahr über das beste Team der Welt. Die vergangenen zwei, drei Monate waren sie nicht mehr ganz vorn dabei, und ein Spieler hat die Entscheidung getroffen, das Team zu verlassen. Aus diesem Grund musste Dignitas einen dritten Mitstreiter finden, um ihn zu ersetzen. Glücklicherweise war ich deren Wahl. Sie haben Potenzial in mir gesehen und wollten mich.

STANDARD: "Rocket League" ist kein traditioneller E-Sports-Titel. Wie sind Sie zu dem Spiel gekommen?

Weihs: Freunde haben mich auf das Spiel aufmerksam gemacht. Wir haben uns gemeinsam den Trailer auf Youtube angesehen und fanden die Idee interessant. Ein Autofußballspiel klingt nach Spaß. Ich hatte aber nie den Hintergedanken, ein E-Sportler zu werden. Das kam alles mit der Zeit und Energie, die ich in das Spiel hineingesteckt habe. Ich bin einfach mit der Zeit immer besser und besser geworden, weil ich mir viele Gedanken gemacht habe, was ich tun muss, um das zu erreichen.

STANDARD: Sie spielen das Game mit Maus und Tastatur – wieso eigentlich?

Weihs: Ich hatte damals nicht genug Geld für einen Controller, also habe ich einfach begonnen, mit der Tastatur und Maus zu spielen. Nach 1.000 Spielstunden kamen die ersten Gedanken, ob ich wechseln soll. Ich habe mir meinen ersten Controller gekauft und im Trainingsmodus getestet. Da mein "Muscle Memory" noch an die Tastatur gewöhnt war, wollte ich nicht wechseln. Ansonsten hätte ich meine 1.000 Stunden verschwendet.

STANDARD: Was macht einen guten "Rocket League"-Spieler aus?

Weihs: Man braucht mental die richtige Einstellung, viel Durchhaltevermögen, gute Kommunikation, einen gut durchdachten Trainingsplan und vieles mehr. Das Allerwichtigste ist, im Team spielen zu können. Man darf nicht egoistisch sein und muss versuchen, es für seine Teamkameraden so einfach wie möglich zu machen.

STANDARD: Haben Sie Ihre Eltern eigentlich dabei unterstützt, eine Karriere im E-Sport anzugehen, oder gab es Bedenken?

Weihs: Anfangs hat sich meine Mutter Sorgen gemacht, weil sie keine Ahnung von E-Sport hatte. Das hat sich aber geändert, als ich mich zum ersten Mal für Events in anderen Ländern qualifiziert habe. Mein Vater hingegen hat mich von Anfang an unterstützt und gab mir den Rat, das zu tun, was mir Spaß macht und was ich wirklich will.

STANDARD: Wie lange wollen Sie als E-Sportler tätig sein? Haben Sie schon Pläne für die Zeit danach?

Weihs: Ich will natürlich so lange wie möglich ein E-Sportler bleiben. Ich liebe meinen Beruf. Ich liebe das Gefühl, das man bekommt, sobald man auf der Bühne spielt. Man wird nervös und aufgeregt, aber ich habe den Willen zu gewinnen, und deshalb gefällt es mir. Gaming ist ein Hobby, und ich kann damit Geld verdienen. Ich kann mir meinen Alltag so gestalten, wie ich will. Was will man mehr?

STANDARD: Sie sind auch auf Twitch als Streamer aktiv, wieso?

Weihs: Ich finde, es ist wichtig, seine eigene Community aufzubauen, weil man nicht wissen kann, wann die Karriere vorbei sein wird. Es macht mir auch Spaß, mit Fans zu kommunizieren und ihnen zu helfen, besser zu werden. Ich habe damals auch professionelle Spieler auf Twitch angeschaut, und jetzt habe ich die Rollen vertauscht. Wenn ich so nachdenke, kann ich es noch immer nicht glauben.

STANDARD: Österreich ist bei E-Sport noch ein Entwicklungsland. Worauf führen Sie das zurück?

Weihs: Ich denke, vieles ist auf die Eltern zurückzuführen. Die meisten lassen ihre Kinder nicht das tun, was sie wirklich wollen. Normal ist es, in die Schule zu gehen, einen Abschluss zu machen und danach einen einfachen Job zu finden. Aber es gibt auch andere Wege, solange man den Willen hat, etwas zu erreichen.

STANDARD: Was antworten Sie Menschen, die E-Sport nicht als Sport sehen?

Weihs: E-Sport kann man auf jeden Fall mit einer Sportart vergleichen. Klar, man sitzt nur, aber es raubt einem viel Energie und Nerven. Der Adrenalinkick, bevor und während man wichtige Spiele hat, ist auch nicht zu vergessen. Man darf seinen Fokus nicht verlieren.

STANDARD: Wie wird sich E-Sport in den kommenden Jahren in Österreich und global entwickeln?

Weihs: Ich denke, in Zukunft wird E-Sportler ein ganz normaler Job sein. Vielleicht dauert alles noch etwas, aber die Jugend verbringt nun mal die meiste Zeit im Internet. Deshalb denke ich, dass mehr und mehr Leute Interesse an E-Sport finden werden und viele Videospiele spielen. Je mehr Leute spielen, desto höher stehen die Chancen, dass es dann auch Talente gibt.

STANDARD: Was würden Sie Menschen empfehlen, die auch professionelle Gamer werden wollen?

Weihs: Nimm dir die Zeit. Hab Geduld und erwarte nichts von heute auf morgen. Es ist ein langer Prozess, der definitiv nicht einfach ist. Man sollte viel nachdenken. Man braucht aber auch einen Siegeswillen. Ich denke, nicht jeder kann ein professioneller Gamer werden. (Daniel Koller, 17.3.2019)