Serviervorschlag des Cirque du Soleil: Teller elegant von Kopf zu Kopf reichen.

Foto: Cirque du Soleil, OSA Images

Als Akkordeonspieler, Stelzengeher und Feuerschlucker hat Guy Laliberté bei einer kleinen kanadischen Varieté- und Straßentheatergruppe begonnen. Das war vor knapp 40 Jahren. Heute ist Laliberté CEO von Cirque du Soleil, einem der größten Zirkusunternehmen der Welt. Mit einem jährlichen Umsatz von hunderten Millionen Euro beschäftigt das Unternehmen an die 4000 Menschen, darunter 1300 Artisten. Unglaubliche Kapazitäten also, die bei der Wien-Premiere von Totem in Neu Marx nicht nur das Who's who der Seitenblicke in das Zirkuszelt lockten, sondern eine spektakuläre Show an artistischen Kunststücken gewährten.

Totem ist die zweite Show, die der kanadische Regisseur Robert Lepage 2010 für Cirque du Soleil konzipiert hat. Sie erzählt in fulminanten Farben und berauschender Musik nichts weniger als die menschliche Schöpfungsgeschichte. Das 46-köpfige Ensemble beweist dem Publikum, dass sich der Mensch in seinen Leistungen nur übertreffen kann: Als Amphibien verkleidete Akrobaten schwingen sich in die Luft, schlagen Saltos und verfehlen sich im Sprung nur um ein Haar, ein Duett am Trapez vollbringt einen magisch-erotischen Tanz, und eine Kontorsionistin (Verbiegekünstlerin) verdreht ihren Körper so sehr, dass der Anblick schmerzt.

Die Bühnentechnik steht neben der artistischen Meisterleistung und den unfassbar detailverliebten Kostümen ebenso im Zeichen des Superlativs: Herein ragt eine 4,5 Tonnen schwere Skorpionbrücke. Sie kann sich anheben, auseinanderziehen und zusammenfalten wie der Schwanz eines Skorpions. Auch wenn man angesichts des "Indianertänzers" im knappen Lederoutfit denkt, der moderne Zirkus sollte längst ohne exotisierende Klischees auskommen, so ist Totem dennoch ein imposantes Erlebnis. (Laurin Lorenz, 14.3.2019)