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Mehrere Staaten haben bereits ein Start- und Überflugverbot verhängt.

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An der Unglücksstelle laufen die Untersuchungen.

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Nach den EU-Staaten und zahlreichen anderen Ländern hat auch Kanada in Folge des Flugzeugabsturzes in Äthiopien – bei dem 157 Menschen starben – ein Start- und Überflugverbot für Maschinen der Boeing 737-Max-Reihe erlassen. "Es ist bedauerlich, aber Sicherheit muss ganz oben auf der Tagesordnung stehen", sagte der kanadische Transportminister Marc Garneau am Mittwoch in Ottawa.

Betroffen von dem Verbot seien alle Starts und Landungen sowie Überflüge von Boeing 737 Max 8 und 9. Die Entscheidung sei auf Grundlage von neuen Informationen gefällt worden, sagte Garneau. Experten seines Ministeriums hätten den Flugverlauf der in Äthiopien abgestürzten Boeing 737 Max 8 mit dem einer fünf Monate zuvor in Indonesien abgestürzten baugleichen Maschine verglichen. Es gebe dabei Ähnlichkeiten. Der Minister betonte zugleich, es handele sich um eine Vorsichtsmaßnahme. Mit Blick auf die USA sagte Garneau: "Wir haben sie heute Morgen darüber informiert, dass wir diese Entscheidung getroffen haben."

Kein Verbot in USA

Im US-Senat forderten Mitt Romney und Elizabeth Warren ein Flugverbot durch die FAA, Präsident Donald Trump kritisierte über Twitter zu viel Computertechnologie in der Luftfahrt: "Ich will keinen Albert Einstein als meinen Piloten."

Der US-Flugzeugbauer hatte bereits Montagabend ein Softwareproblem eingeräumt. Das soll auch mitverantwortlich gewesen sein für den Absturz einer Lion-Air-Maschine des gleichen Modells Ende Oktober 2018, der 189 Menschen das Leben kostete. Die US-Luftfahrtbehörde FAA forderte ein Update der Software, das soll laut Boeing in den nächsten Wochen erfolgen. Ein Flugverbot sprach die FAA vorerst nicht aus und verwies auf laufende Ermittlungen.

System im Fokus der Ermittlungen

Die Ermittler untersuchen das Boeing-Trimmsystem MCAS. Es ist möglicherweise dafür verantwortlich, dass die Boeing 737 MAX 8 kurz nach dem Start in Addis Abeba verunglückte. Auch für den Absturz im Oktober könnte es verantwortlich sein. Beide Flugzeuge stiegen nach dem Start mit äußerst unregelmäßiger Flugkurve und -geschwindigkeit, sanken anschließend unkontrolliert ab und schlugen steil auf den Boden auf. Die US-Luftfahrtbehörde FAA erkannte die Ähnlichkeit beider Unfälle an, wollte aber keine verfrühten Schlüsse ziehen.

Der Flugdatenschreiber des Lion-Air-Flugs 610 liefert eine Vorstellung des Absturzverlaufs: Demnach kämpften die Piloten um Kontrolle über das Flugzeug, während MCAS die Flugzeugnase nach dem Start immer wieder nach unten drückte. Die Piloten des Ethiopian-Airlines-Jets berichteten vor dem Absturz per Funk über ähnliche Probleme.

Neu eingeführt

Boeing hatte das Trimmsystem wegen der neuen, verbrauchseffizienteren Triebwerke eingeführt. Diese verändern aufgrund ihres erhöhten Gewichts die Aerodynamik und den Schwerpunkt des Flugzeuges. Besonders im Steigflug kann der Schub der Triebwerke so stark werden, dass sich die Maschine nicht mehr gerade ausrichten lässt.

MCAS (Maneuvering Characteristics Augmentation System) soll genau das verhindern. Sensoren, die den Flugwinkel messen, melden dem System, wenn das Flugzeug zu übersteuern droht. Dann drückt ein Stabilisierungs-Mechanismus am Heck der Maschine die Nase wieder nach unten.

Fehlerhafter Sensor

Eigentlich soll sich das System nur in außergewöhnlichen Situationen einschalten. Im Fall des Lion-Air-Fluges war laut einem ersten Unfallbericht ein fehlerhafter Sensor dafür verantwortlich, dass es aktiviert wurde.

Einen Tag vor dem Absturz der indonesischen Maschine im Oktober hatten Piloten es geschafft, das MCAS im selben Flugzeug außer Kraft zu setzen. Dafür ist es jedoch nötig, die gesamte automatisierte Flugkontrolle abzuschalten.

Boeing war nach dem Absturz des Lion-Air-Flugzeuges in die Kritik geraten, weil der Konzern Piloten der 737 MAX 8 nicht ausreichend zu MCAS geschult habe. Daraufhin hatte der Flugzeugbauer neue Anleitungen an die Airlines geschickt, die das Modell nutzten. Nach dem Absturz der Ethiopian-Air-Maschine kündigte Boeing nun ein Software-Update für MCAS an. (APA, red, 13.3.2019)