Unter dem Kürzel "NSU 2.0" wurden auch Drohschreiben mit Hintergrundwissen aus dem Informationssystem der Polizei an eine Frankfurter Rechtsanwältin geschickt.

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Berlin –Bei einer Serie von E-Mails mit rechten Gewaltandrohungen unter anderem an Politiker und dem Zentralrat der Juden in Deutschland vermuten die Ermittler Medienberichten zufolge trotz unterschiedlicher Absender einen Zusammenhang.

Seit mehreren Wochen gibt es laut Medienberichten eine deutschlandweite Serie mutmaßlich rechtsextremer Gewaltdrohungen gegen Politiker und andere öffentliche Personen. Es gehe um mehr als 100 E-Mails, die mit "Nationalsozialistische Offensive", "NSU 2.0" oder "Wehrmacht" unterzeichnet worden seien, berichten die "Süddeutsche Zeitung" und der NDR. Darunter seien auch Bombendrohungen. Bei Durchsuchungen seien aber bisher keine Bomben gefunden worden.

Wegen entsprechender Drohungen wurden demnach am Montag der Hauptbahnhof Lübeck sowie am Dienstag das Finanzamt Gelsenkirchen geräumt, hieß es. Mindestens 15-mal sollen seit Dezember Bombendrohungen mit dem Absender "Nationalsozialistische Offensive" auch bei Gerichten oder Justizzentren eingegangen sein, unter anderem beim Oberlandesgericht München, dem Oberlandesgericht Bamberg, der Staatsanwaltschaft in Frankfurt, aber auch beim Flughafen Hamburg.

Berliner Staatsanwaltschaft ermittelt

Die deutsche Bundesanwaltschaft hat den Berichten zufolge einen Prüfvorgang angelegt. Ein Sprecher der Behörde wollte sich dazu nicht näher äußern, verwies aber auf die Staatsanwaltschaften. Den Berichten zufolge haben sich die Generalstaatsanwälte der Länder geeinigt, die Ermittlungen gebündelt bei der Berliner Staatsanwaltschaft zu führen (Aktenzeichen 231 UJs. 181/19). Von dort war inhaltlich zunächst keine Stellungnahme zu erhalten, ein Sprecher kündigte für Donnerstag eine Reaktion an. Ermittelt wird laut den Medien wegen des Vorwurfs der räuberischen Erpressung, der Volksverhetzung und der Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten.

Die persönlich adressierten Schreiben seien von unterschiedlichen Mailkonten verschickt worden, in der Wortwahl aber so ähnlich, dass die Ermittler einen Zusammenhang vermuten, meldeten die Medien. Es gehe gegen Politiker, Anwälte, Journalisten, den Zentralrat der Juden, aber auch die Sängerin Helene Fischer, die sich nach den Ausschreitungen in Chemnitz kritisch geäußert hatte. Ob dahinter jedoch stets dieselben Personen steckten oder auch Trittbrettfahrer, sei unklar.

Briefbomben angekündigt

Eine Mail sei am Dienstag der deutschen Bundestagsabgeordneten Martina Renner (Linke) zugegangen, hieß es. Sie sei mit "Nationalsozialistische Offensive" unterzeichnet gewesen und habe angekündigt, künftig Briefbomben zu verschicken und Bürger auf offener Straße hinzurichten. Man verfüge über Sturmgewehre, Pistolen und biologische Kampfstoffe.

Bekannt ist, dass unter dem Kürzel "NSU 2.0" in den vergangenen Monaten auch Drohschreiben an eine Frankfurter Rechtsanwältin geschickt worden sind. NSU ist das Kürzel des "Nationalsozialistischen Untergrunds", der zehn Menschen erschossen hatte, wofür die einzige Überlebende Beate Zschäpe in einem nicht rechtskräftigen Urteil als Mittäterin verurteilt wurde. Bei den Schreiben an die Frankfurter Anwältin war Hintergrundwissen aus dem Informationssystem der Polizei offenbart worden, weshalb nun gegen hessische Polizisten ermittelt wird. Dieser Fall sei eine Ausnahme in der Serie, hieß es in den Berichten. In den übrigen Fällen hätten die E-Mails nur öffentlich zugängliche Informationen enthalten. (APA, dpa, 13.3.2019)