Um die Welt nachhaltig zu verbessern, haben die Vereinten Nationen 17 Ziele mit mehr als hundert Sub-Zielen formuliert. Bis 2030 sollen viele Punkte umgesetzt werden. Zielvorgaben gibt es allerdings nicht.

Foto: AFP / Guillaume Souvant

Wien – Die 193 Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen haben sich ein gemeinsames Ziel auf die Fahnen geheftet: die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung. Alle Staaten haben sich zur Umsetzung dieser Agenda verpflichtet. 17 nachhaltige Entwicklungsziele – die Sustainable Development Goals, kurz SDGs – und 169 Zielvorgaben wurden dafür formuliert. Eine nachhaltige Entwicklung in den Bereichen Wirtschaft, Soziales und Ökologie steht im Zentrum. Darüber hinaus werden auch die Wahrung der Menschenrechte, die Rechtsstaatlichkeit, Good Governance, Frieden und eine hohe Sicherheit eingefordert.

In der diesbezüglichen Resolution steht unter anderem: "Wir sind entschlossen, die kühnen und transformativen Schritte zu unternehmen, die dringend notwendig sind, um die Welt auf den Pfad der Nachhaltigkeit und der Widerstandsfähigkeit zu bringen." Das war im September 2015. Doch was ist seitdem passiert? Wie lassen sich Fortschritte in den einzelnen Zielen messen, und wie steht Österreich hier in Summe da? Diesen Fragen ist Josef Obergantschnig, Chief Investment Officer der Security KAG und Präsident von Ethico (Verein für Wirtschaft und Ethik), nachgegangen.

Mangel an Daten

Allgemeine Daten dazu gibt es nicht. Daher hat Obergantschnig Daten des europäischen Statistikamts Eurostat herangezogen und einen SDG-Index für die EU-28 erstellt. Der Index schwankt zwischen null (schlechtestmögliches Ergebnis) und 100 (bestmögliches Ergebnis) und basiert auf den 17 SDG-Indikatoren. "Damit ist eine Aussage darüber möglich, welche europäischen Staaten bei den SDG-Indikatoren eine führende Position einnehmen", erklärt Obergantschnig seinen Ansatz. Denn für die zugrundeliegenden Ziele und Subziele wurden sowohl das Indikatoren-Set als auch konkrete Zielvorgaben von den Vereinten Nationen nicht vollumfassend definiert. "Dadurch ist eine Messung des Fortschrittes oder des Zielerreichungsgrades nicht möglich", erklärt Obergantschnig.

Wo Österreich steht

Was sagen die Daten von Eurostat? In dem Index für die Länderanalyse führen – wie so oft – die nordischen Länder. Dänemark liegt mit 68 von 100 Punkten auf Platz eins, Schweden mit 67 Punkten knapp dahinter. Finnland und die Niederlande liegen mit je 63 Punkten gleichauf, und an fünfter Stelle liegt mit 60 Punkten bereits Österreich. Deutschland belegt mit 59 Punkten Rang acht – Schlusslichter sind Kroatien (36 Punkte), Rumänien (34 Punkte) und Bulgarien (31 Punkte).

Österreich erreicht im Länderranking also ein gutes Ergebnis. Bei acht der 17 SDG-Kriterien (siehe Grafik) kann sich das Land im Top-Quartil positionieren. Bei den restlichen Indikatoren liegt Österreich im guten Mittelfeld. Lediglich bei drei Indikatoren – Hunger, saubere Energie und Klimaschutz – hinken wir mit einem unterdurchschnittlichen Ergebnis hinterher. Und das bei Themen, die in Österreich eigentlich keine Probleme darstellen sollten. Wie kommt das?

Hinterfragbare Indikatoren

"Im Wesentlichen liegt das an der Ausgestaltung der Indikatoren", erklärt Obergantschnig. Punkt zwei – "kein Hunger" – strebt etwa die Beseitigung von Hunger und Unterernährung an und soll den Zugang zu sicherer, nährstoffreicher und ausreichender Nahrung gewährleisten. Bei der Überwachung dieser Ziele liegt der Schwerpunkt auf den Fortschritten, die bei der Bekämpfung von Unterernährung, der Förderung nachhaltiger Landwirtschaft und der Verringerung nachteiliger Auswirkungen auf die landwirtschaftliche Produktion gemacht wurden. Zu den neun Kriterien, die dafür geprüft werden, zählt aber beispielsweise die Rate von Adipositas (sie ist in Österreich relativ hoch im EU-28-Vergleich). "Man misst hier also das Gegenteil von Hunger", sagt Obergantschnig.

Zu den weiteren Messkriterien für SDG 2 "kein Hunger" zählen:

· landwirtschaftliches Faktoreinkommen,

· für ökologische Landwirtschaft genutzte Fläche,

· Bruttonährstoffbilanz der Agrarflächen nach Nährstoff,

· staatliche Unterstützung für landwirtschaftliche Entwicklung und Forschung,

· Ammoniakemissionen aus der Landwirtschaft,

· Nitratkonzentration im Grundwasser,

· geschätzte Bodenerosion durch Wasser und

· Index weitverbreiteter Vogelarten.

In Summe liegt Österreich beim SDG 2 im europäischen Mittelfeld. Es zeigen sich aber große Divergenzen in den einzelnen Kategorien. Während beim Indikator "für ökologische Landwirtschaft genutzte Fläche" europaweit der erste Platz erreicht werden konnte, liegt Österreich beim Punkt "Bodenerosion durch Wasser" lediglich auf Rang 26 der EU-28. Auch bei "Landwirtschaftliches Faktoreinkommen" sowie "Ammoniakemissionen aus der Landwirtschaft" liegt Österreich im hinteren Rankingbereich. "Aufgrund des recht bunten Settings ergibt sich hier das in Summe schlechte Ergebnis für Österreich bei diesem Indikator", erklärt Obergantschnig.

Bei Ziel Nummer sieben (bezahlbare und saubere Energie) ist Österreich vor allem in den Punkten Energieverbrauch auf den hinteren Plätzen, kann aber bei Energieproduktivität und beim Anteil erneuerbarer Energie punkten. Beim letztgenannten Thema liegt Österreich sogar im Top-Quartil im EU-28-Vergleich. Ähnlich verhält es sich beim dritten Punkt, bei dem Österreich hinterherhinkt (Maßnahmen zum Klimaschutz, SDG 13) – auch hier ist es der Energieverbrauch, der das Land im Ranking drückt. Hingegen reißen auch hier "Anteil erneuerbarer Energien" und "Beitrag zum internationalen 100-Milliarden-Dollar-Engagement für klimabedingte Ausgaben" das Land heraus.

Vielfältige Unterpunkte

In Summe kann sich Österreich bei acht von den 17 Kriterien im Top-Quartil positionieren. Beim Ziel Nummer zehn – "weniger Ungleichheit" – konnte das beste Ergebnis erzielt werden. Vor allem auf Ein-Jahres-Sicht konnte sich Österreich im Vergleich zu den anderen Ländern tendenziell verbessern. Im Fünf-Jahres-Vergleich attestieren die Indikatoren aber eine Verschlechterung. Das Indikatoren-Set sollte in den einzelnen Punkten jedoch konkreter ausgestaltet werden und Zielvorgaben definiert werden, hält Obergantschnig fest. "Andernfalls fällt eine Messung der Zielerreichung bis 2030 schwer." (Bettina Pfluger, 16.3.2019)