Das traditionelle Linzer Bier gab es seit 1981 nicht mehr, jetzt wird es wieder gebraut

Stadtmusuem Nordico

Das ehemalige "Gasthaus zum Goldenen Fassl" in Alt-Urfahr

Stadtmueseum Nordico

Linz – Wirtshäuser sind die Bühne des Lebens. Sehnsuchstorte, wenn die Kirchenbank hart, die Arbeit mühsam ist oder wenn daheim das Essen nicht schmeckt. Fluchtorte, wenn es draußen – metaphorisch oder ganz konkret – wieder einmal stürmt und schneit. Wirtshäuser sind Lebensräume. Ein Stück Heimat für die Gäste. Oft Wegbegleiter vom Taufessen bis zur Totenzehrung.

400 Austellungsstücke

Gründe genug, um dieser unvergleichlichen Institution eine umfassende Austellung zu widmen. So geschehen nun in Linz: Das traditionelle Wirtshaus als Kulturgut steht im Mittelpunkt einer Ausstellung von 15. März bis 1. September im Linzer Stadtmuseum Nordico. Für "Prost, Mahlzeit!" wurden rund 400 Ausstellungsstücke, von denen etliche aus ehemaligen Gasthäusern stammen, gesammelt und zu einer liebevoll und detailreich gestalteten Schau arrangiert.

Rauchverbot

Vor allem ist es dem Team um Direktorin Andrea Bina und den Kuratoren Klaudia Kreslehner und Georg Thiel eindrucksvoll gelungen, nicht nur die Reste längst vergangener Beisl-Tage in Schaukästen zu verbannen, sondern tatsächlich ein Wirtshaus aufzusperren. Im ersten Schauraum lädt eine Original-Gastube mit klassischer Holzvertäfelung, prachtvoller Schankanlage und dem obliagtorischen Stammtisch zum Verweilen. Kuriose Klammer zur Neuzeit: Eine alte Registrierkasse und ein "Rauchen Verboten"-Schild. Und nicht immer war offensichtlich damals das Politisieren erwünscht, wie auf einer alten Hinweistafel zu lesen ist: "Es wird ersucht, im Interesse des Friedens und der Gemütlichkeit, das Politisieren in diesem Lokale zu unterlassen!"

Die Klassiker

Vor allem werden dank der Detailtreue unweigerlich Erinnerung wach: Der Brezenständer, das Gewürzensemble (Oma liebte Maggi) und natürlich der Bierwärme. Jene metallene Röhre, die mit heißem Wasser gefüllt wurde, auf das Papa, der es stets mit dem Hals hat, sich nicht verkühle.

Mit dem musealen Wirtshausbesuch begibt man sich auch auf einen spannenden Streifzug durch die Geschichte der Linzer Wirtn. Historische Ansichten – von Wienerwald-Gründer Friedrich Jahn bis hin zu den großen ehemaligen Ausflugsgastgäten etwa am Linzer Freienberg (damals wie heute liebevoll Pensionistengletscher genannt) – zeigen den Wandel den viele Gaststätten bis heute durchmachen. Dem gegenübergestellt sind Fotografiene von Otto Hainzl, der die aktuelle Gastronomieszene in Linz dokumentiert.

Hitlers Tod

Beleuchtet wird aber nicht nur der Gast, sondern vor allem auch die eigentlichen Akteure in der Gastronomie. Denn was bitte wäre ein Stammbeisl ohne eine echten Wirt – ganz egal ob grantig, lustig oder dauerfett. Ein besonders kurioses Austellungsstück ist ein, auf den ersten Blick unscheinbares Sofa. Selbiges stand im Leondinger Gasthaus Wiesinger und am nahen Wirtshaustisch saß in den Vormittagsstunden des 3. Jänner 1903 der ehemalige Leiter der Zollabteilung der Finanzdirektion Linz, Alois Hitler. Nach einem Schluck Wein ereilt den Mann bei Tisch eine Lungenblutung, man bettet ihn auf das besagte Sofa, wo der Vater von Adolf Hitler kurz darauf stirbt.

Bunte Vielfalt

Die Wirtshauskultur sieht Kuratorin Kreslehner im Standard-Gespräch trotz Fast Food-Trend nicht in Gefahr: "Linz hat eine bunte und vielfältige Gastroszene. Es ist heute für jeden etwas dabei." Und Oberösterreichs Wirte-Sprecher Thomas Stockinger setzt nach: "Das Wirtshaus hat Zukunft. Es seinen Stellenwert und gewinnt an Stellenwert." Dem kann auch Nordico-Direktorin Andrea Bina etwas abgewinnen: "Jede Gegend, jedes Grätzl braucht ein Stammwirtshaus. (Markus Rohrhofer, 14.3.2019)