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Zuzana Čaputová führt seit Februar die Umfragen an.

Foto: Reuters / Radovan Stoklasa

Mehr als ein Jahr nach dem Mord am Enthüllungsjournalisten Ján Kuciak und seiner Verlobten Martina Kušnírová wählen die Slowakinnen und Slowaken am Samstag ein neues Staatsoberhaupt. Es wird eine wichtige Markierung in der politischen Fieberkurve des Landes sein.

Der Fall Kuciak hatte Verbindungen des organisierten Verbrechens in höchste Regierungskreise ans Tageslicht gebracht, das Vertrauen der Bevölkerung in die politische Führung massiv erschüttert und unter anderem Premier Robert Fico von der linkspopulistischen Partei Smer den Job gekostet. Viele kritisieren jedoch, dass dessen Nachfolger Peter Pellegrini lediglich eine Marionette sei.

Dass Fico als Parteichef im Hintergrund weiterhin die Fäden zieht, glaubt auch der Politologe Grigorij Mesežnikov vom Institut für öffentliche Angelegenheiten in Bratislava. "Trotzdem ist Fico heute nicht mehr so stark wie früher", so Mesežnikov im Gespräch mit dem STANDARD. Die Atmosphäre in der Gesellschaft habe sich seit dem Mord verändert. Umso höher ist nun der Stellenwert der Präsidentschaftswahl als politische Standortbestimmung.

Bürgerrechtlerin legte Senkrechtstart hin

Amtsinhaber Andrej Kiska, der der Regierung aus Smer, Slowakischer Nationalpartei (SNS) und der slowakisch-ungarischen Most-Híd kritisch gegenübersteht, kandidiert nicht mehr. Nun räumen viele der liberalen Juristin und Bürgerrechtsaktivistin Zuzana Čaputová gute Chancen ein, in seine Fußstapfen zu treten. Seitdem sich im Februar ein anderer liberaler Kandidat zurückgezogen hat, handeln Umfragen die 45-Jährige als Fixstarterin für eine Stichwahl am 30. März. Dort dürfte sie entweder auf den parteilosen EU-Kommissar Maroš Šefčovič treffen, den die Smer ins Rennen schickt, oder auf den ehemaligen Justizminister Štefan Harabin, der als prorussisch gilt.

Im Fall des ermordeten Journalisten Kuciak gab es zwei Tage vor der Wahl eine neue Wendung: Der umstrittene Unternehmer Marian Kočner, ein Nachbar von Expremier Fico, wurde am Donnerstag offiziell beschuldigt, Auftraggeber des Mordes zu sein. Bisher waren nur vier unmittelbar Tatverdächtige in Haft. Zwar sitzt auch Kočner bereits hinter Gittern, allerdings im Zusammenhang mit anderen Vorwürfen – Causen, über die auch Ján Kuciak berichtet hatte. (Gerald Schubert, 15.3.2019)