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Die Europäer sind nicht auf die Briten angewiesen, um die Probleme der EU anzupacken.

Foto: REUTERS/Dylan Martinez

Eigentlich ist es nur eine schwere Erkältung, die Theresa May die Stimme gekostet hat. Aber die physische Einschränkung der britischen Premierministerin stellt ein Symbol dar für die Sprachlosigkeit und Dialogunfähigkeit, mit der sie den Brexit-Prozess gehandhabt hat. Den Austrittstermin 29/30. März in ein Gesetz zu schreiben, wie von den konservativen Ultras gefordert, war eine Idiotie ersten Ranges. Nun muss die Regierungschefin demütig in Brüssel um Aufschub bis mindestens Ende Juni bitten.

Auf dem Kontinent rollen viele mit den Augen, wenn von Großbritannien und dem Brexit die Rede ist. Können die Briten nicht endlich ihren Hut nehmen und sich aus der Gemeinschaft verabschieden, damit diese sich auf ihre wesentlichen Aufgaben konzentrieren kann? So verständlich die Genervtheit ist – weise ist sie nicht.

Zum Einen könnten die Europäer ihre Probleme anpacken, wenn denn ein Wille dazu vorhanden wäre. Dass Annegret Kramp-Karrenbauer und Emmanuel Macron diametral unterschiedliche Visionen von der Eurozone und anderen wichtigen Projekten verfolgen, kann man wirklich nicht den Briten in die Schuhe schieben.

Zum Anderen ist das europäische Einheitsprojekt kein Selbstzweck. Es dient dem Wohl aller Bürger des Kontinents. Die Selbstbezogenheit Brüssels zieht keineswegs nur in Großbritannien Kritik auf sich. Die EU und ihre Mitgliedsstaaten sollten dem vom Nationalismusfieber geschüttelten Land auch weiterhin die Tür offen halten. (Sebastian Borger, 14.3.2019)