Helsinki/Berlin – Der als möglicher Nachfolger von EZB-Chef Mario Draghi gehandelte finnische Notenbankchef will die geldpolitische Strategie der Euro-Hüter reformieren. Er habe dem Rat der Europäischen Zentralbank einen entsprechenden Vorschlag gemacht, erklärte Olli Rehn am Freitag.

Er verwies darauf, dass die Erwartungen der Verbraucher an die künftige Inflation bereits lange unter dem Niveau lägen, das die EZB als Ziel für Preisstabilität anstrebe. Diese Annahmen dürften sich "als selbst erfüllend" herausstellen, warnte der frühere EU-Wirtschaftskommissar. Unter Berücksichtigung neuer Forschungsergebnisse solle es daher eine Überprüfung der geldpolitischen Strategie geben.

"Glaubwürdig und effizient" bleiben

Es gehe darum, dass die Geldpolitik der EZB "glaubwürdig und effizient" bleibe. Rehns Vorstoß lässt aufhorchen, da er neben dem französischen Notenbankchef Francois Villeroy de Galhau und Deutsche-Bundesbank-Chef Jens Weidmann als ein potenzieller Bewerber für den Posten des künftigen EZB-Chefs gilt. Amtsinhaber Draghi gibt den Spitzenposten im Herbst ab. Der scheidende EZB-Chefvolkswirt Peter Praet hat bereits signalisiert, dass auch er einer Überarbeitung des geldpolitischen Rahmenwerks offen gegenüberstehe. Allerdings sei dies derzeit noch nicht angebracht und eher eine Aufgabe für die Zukunft.

Im aktuellen Bericht der finnischen Notenbank heißt es nun, die EZB stecke bereits in einem Dilemma. Sie müsse einerseits "starke kurzfristig wirksame Maßnahmen" ergreifen, um ihr Preisstabilitätsziel einer Inflationsrate von knapp zwei Prozent zu erreichen. Da jedoch die Kerninflation, bei der Energie- und Nahrungsmittelpreise herausgerechnet werden, bei nur einem Prozent herumdümpele, könne das Ziel "nicht nachhaltig" erreicht werden. Die EZB müsse sich daher für "langfristige Herausforderungen" rüsten – mit einer Überprüfung der geldpolitischen Strategie. Dabei müssten die "Prinzipien, grundlegenden Annahmen und Instrumente" auf den Prüfstand. "Diese Idee wird bereits seit einiger Zeit diskutiert. Und im November hat auch die US-Notenbank angekündigt, etwas in dieser Richtung zu tun. Zweifellos wird die EZB das auch, wenn die Zeit reif ist." (APA, 15.3.2019)