Unten wird eingekauft und der Amtsverkehr abgewickelt, darüber sind im burgenländischen Bernstein sieben Wohnungen entstanden. Drei sind aktuell noch zu haben.

Foto: OSG

Die Österreicher träumen vom Einfamilienhaus auf dem Land. Das ergeben Umfragen in schöner Regelmäßigkeit. Wie groß der mit diesem Wohntraum verbundene Bodenverbrauch ist, ist den Häuslbauern aber oft nicht bewusst.

Zuletzt ging zwar laut jüngst veröffentlichten Zahlen des Umweltbundesamtes der Bodenverbrauch in Österreich zurück. Der Bedarf an Baufläche war mit 5,4 Hektar pro Tag aber so hoch wie lange nicht. Die mit dem Bauen einhergehende Bodenversiegelung ist in Österreich ein Problem. Wenn Flächen beispielsweise mit Gebäuden oder Straßen bebaut werden, werden sie wasserundurchlässig. Dadurch verliert der Boden wichtige Funktionen wie die Fähigkeit, Wasser zu speichern und zu verdunsten.

"Da fehlt etwas"

Aber in der Immobilienbranche gibt es Ideen, um den Bodenverbrauch zu reduzieren. Und zwar nicht nur in den Städten, wo Platz knapp und teuer ist, sondern auch auf dem Land: Die Oberwarter Siedlungsgenossenschaft (OSG) arbeitet zum Beispiel derzeit in Bernstein im Bezirk Oberwart an der Überbauung eines ebenerdigen Gebäudes, in dem ursprünglich nur ein Supermarkt, ein Schlecker-Drogeriemarkt und ein Frisörstudio untergebracht waren.

Als der Schlecker-Konzern aber in die Pleite rutschte und die Fläche frei wurde, beschloss das Bernsteiner Gemeindeamt, sich hier anzusiedeln und das Untergeschoß des Gebäudes teilweise als Bauhof zu nutzen. Daraufhin kaufte die OSG das Areal und adaptierte die Fläche für das Gemeindeamt.

Sieben Wohnungen

Damit war es aber noch nicht getan: "Ich habe irgendwann gesagt: Da fehlt doch etwas", erzählt Geschäftsführer Alfred Kollar. "Dann habe ich zu unseren Planern gesagt, dass sie sich das einmal anschauen sollen."

So entstand die Idee, dem Gewerbeobjekt nach Plänen des Architekturbüros Neubauer ein weiteres Geschoß mit sieben Wohnungen mit Größen zwischen 50 und 90 Quadratmetern aufzusetzen und einen Lift einzubauen, um es auch seniorenfreundlich und barrierefrei zu gestalten. In der zweiten Hälfte des Untergeschoßes, die von der Gemeinde nicht genutzt wird, wurden außerdem Parkplätze für die Bewohner errichtet.

Was einfach klingt, war dennoch eine Herausforderung, wie Bauleiter Andreas Fleck berichtet: "Die Decke bzw. das Dach des bestehenden Gebäudes waren aus statischer Sicht für den Ausbau nicht geeignet." Die Lösung war eine 45 Zentimeter starke und 14 Meter lange Hohldielendecke, die für die Aufstockung als Fundament verlegt wurde.

Viel Tüftelei

Auch die Baustelle selbst erforderte bei laufendem Betrieb der Flächen im Erdgeschoß viel Tüftelei: Das Resultat war ein erhöhter Koordinationsaufwand, mehr Schutzmaßnahmen und wenig Lagerflächen für die Baustelle, weil für Kunden genügend Parkflächen zur Verfügung gestellt werden mussten, so Fleck weiter.

"Das war keine gemähte Wiese", sagt auch Geschäftsführer Kollar rückblickend. "Aber wir wollten zeigen, dass es geht, und haben den Aufwand daher in Kauf genommen." Zwar sei die Errichtung der Wohnungen am Dach keineswegs billiger gewesen, als der Wohnbau auf der grünen Wiese. "Dafür waren aber Infrastruktur, Kanal, Strom und der Gehsteig schon da."

"Jetzt haben wir eine schöne Nutzung für ein Areal, das eine Flächenverschwendung war", sagt er und ist hörbar stolz. Als i-Tüpfelchen komme nun auch noch eine Fotovoltaikanlage aufs Dach. Mittlerweile steht das Projekt knapp vor der Fertigstellung. Im Mai sollen die Wohnungen übergeben werden. Zwei Wohnungen sind bereits weg, zwei weitere wurden reserviert. Und Kollar ist zuversichtlich, dass die übrigen Wohnungen "einige Wochen nach Übergabe" vermietet sein werden: "Das ist eben das Südburgenland, hier sind die Brote deutlich kleiner."

Alte Gasthäuser

Die OSG kauft laut Kollar brachliegende Industrie- und Gewerbeflächen in zentraler Lage, aber auch alte, ungenutzte Schulen – und außerdem besitzt sie bereits 29 Gasthäuser, die nicht mehr betrieben – und nun transformiert werden. "Wir kaufen strategisch Flächen in Orten, um diese zu beleben", sagt Kollar. "Das kommt auch bei der Bevölkerung gut an." (Franziska Zoidl, 9.4.2019)