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Okwui Enwezor erlag am Freitag 55-jährig einem Krebsleiden.

Foto: Joerg Koch/Getty Images

München – Die westliche, eurozentrische Schieflage im Kunstbetrieb zugunsten der Länder Afrikas und Asiens aufzubrechen, daran hat der 1963 in Calabar in Nigeria geborene Okwui Enwezor wesentlich mitgewirkt. "Ich glaube, dass Dekolonialisierung das bedeutendste Ereignis dieses Jahrhunderts ist. Weil die Beziehungen zwischen Europa und dem Rest der Welt neu geregelt werden müssen", sagte er dem STANDARD 1999.

Enwezor hatte in New York Literatur und Politologie studiert, bevor er wesentliche Ereignisse des internationalen Kunstgeschehens kuratieren sollte: 2002 leitete er etwa als erster Nichteuropäer die Documenta 11 in Kassel, 2015 die Biennale von Venedig.

Zunächst haben aber andere Stationen seine Karriere als Kurator geprägt: 1993 gründete er Nka, das auf afrikanische Kunst spezialisierte Journal of Contemporary African Art. 1996 kuratierte er für das New Yorker Guggenheim-Museum eine Ausstellung über afrikanische Fotografie, leitete 1996/97 die Johannesburg-Biennale. 2001 war in der Münchner Villa Stuck eine von ihm gestaltete Schau über afrikanische Befreiungsbewegungen zu sehen.

Zehn Jahre später, 2011, übernahm er dort die Leitung des Hauses der Kunst. In dem von den Nationalsozialisten errichteten Kunsttempel der NS-Ideologie konfrontierte er dann etwa das Publikum mit der Apartheid-Geschichte Südafrikas. Er war der Meinung, dass Kunst das Gegenteil von Genuss ist. "Ich komme aus einer Tradition, in der Ästhetik nicht getrennt von Politik oder Ökonomie stehen kann."

Im Vorjahr legte er aus gesundheitlichen Gründen sein Amt in München nieder. Okwui Enwezor erlag am Freitag 55-jährig einem Krebsleiden, wie das Museum entsprechend lautende Social-Media-Nachrichten bestätigte. (Anne Katrin Feßler, 15.3.2019)