Frachtbahnhof Wuhan. Auf dem Torbogen steht im Dreisatz: Neuer Wuhan-Europa Zug, Neue Seidenstrasse, Neuer Aufbruch. Die Regierung in Rom will sich angesichts der leeren Staatskasse erhoffte Milliardendeals nicht entgehen lassen.

Foto: Jonny Erling

Rom/Peking – Italien werde mit der angekündigten Kooperation bei der "neuen Seidenstraße" weder zu einer "Kolonie Chinas" noch zu einem "Brückenkopf" für chinesische Handelsinteressen in Europa, versicherte Italiens Premier in kürzlich. Und schon gar nicht werde durch die italienische Beteiligung an dem gigantischen chinesischen Infrastrukturprojekt die Verankerung Italiens in der Nato in Frage gestellt: "Die atlantische Allianz bleibt eine tragende Säule unserer Außenpolitik", versicherte Conte.

Die Beschwichtigungen des italienischen Regierungschefs kommen nicht von ungefähr: Die Regierung von Conte will am 22. März, wenn der chinesische Präsidenten Xi Jinping in Rom zum Staatsbesuch erwartet wird, eine Vereinbarung zur neuen Seidenstraße unterzeichnen. Dies hat vor allem in Washington harsche Kritik ausgelöst: China wolle mit der neuen Seidenstraße seinen Machtbereich ausweiten; falls Rom da mitmache, stelle es seine "internationale Reputation" und die italienisch-amerikanische Freundschaft aufs Spiel, erklärte Garrett Marquis, Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats in Washington.

USA drohen

Skepsis schlägt den italienischen China-Plänen auch aus Brüssel entgegen. Die EU will gegenüber dem immer mächtiger werdenden Reich der Mitte in Zukunft selbstbewusster auftreten und sich gegen Ungleichgewichte im Handel und gegen Beschränkungen und Diskriminierungen europäischer Unternehmen auf dem chinesischen Markt energischer wehren. Die EU-Kommission hat zu diesem Zweck einen Zehn-Punkte-Plan entworfen, der an einem eigens einberufenen "China-Gipfel" von den Staats- und Regierungschefs am 21. März diskutiert und gutheißen werden soll. Die Beteiligung Italiens an dem chinesischen Expansionsprojekt steht diesbezüglich eher quer in der politischen Landschaft.

Die populistische Regierung in Rom erhofft sich von einer Beteiligung an der neuen Seidenstraße einerseits einen besseren Zugang italienischer Unternehmen zum Riesenmarkt China; andererseits soll die Reaktivierung der antiken Handelsstraße, die schon früher in Triest und Venedig endete, zu einer neuen Blüte der Häfen von Triest und Genua führen. Und nicht zuletzt rechnet die italienische Regierung auch mit den einen oder anderen lukrativen Bauauftrag bei der Realisierung des chinesischen Prestigeprojekts, in welches Peking 900 Milliarden Dollar investieren will.

Angesichts der leeren Staatskasse und dem vor kurzem bestätigten Rückfall in eine Rezession will sich die Regierung in Rom diese erhofften Milliardendeals nicht entgehen lassen. "Es gibt keine ersichtlichen Gründe, warum wir diese Vereinbarung nicht unterschreiben sollten", betonte Conte. Bei dem Papier handle es sich nicht um ein internationales Abkommen; mit der Vereinbarung erfolge auch keine Festlegung auf den chinesischen Telekommunikations-Giganten Huawei beim Aufbau des 5-G-Mobilnetzes.

Frische Mittel auf Pump

Allerdings wurde am Freitag bekannt, dass sich Rom doch enger an Peking binden will. So ist laut Financial Times vorgesehen, dass für Finanzierungen die Asiatische Infrastrukturinvestmentbank angezapft werden soll. Dabei handelt es sich um ein von China initiiertes Vehikel, das als von Peking gesteuertes Gegenstück zur Weltbank und anderen multilateralen Entwicklungsbanken gilt.

Conte ließ durchblicken, dass er die Kritik aus Brüssel als etwas heuchlerisch empfinde. Zwar würde mit Italien erstmals ein G-7-Land bei der Realisierung der neuen Seidenstraße mitwirken – aber immerhin hätten bereits 13 kleinere EU-Staaten ähnliche bilaterale Vereinbarungen mit China abgeschlossen. Ein Abkommen mit Österreich war vor knapp einem Jahr daran gescheitert, dass Peking Einfluss auf europapolitische Entscheidungen nehmen wollte, wie heimische Diplomaten erklärten.

Rom bringt noch ein Argument: Während Triest und Genua als künftige See-Terminals vorgesehen seien, liege der Endpunkt der neuen Seidenstraße-Eisenbahn in Duisburg. Dies belege, dass die Zusammenarbeit zwischen Berlin und Peking "schon deutlich weiter fortgeschritten ist als jene zwischen uns und den Chinesen".

Fingerzeig auf Deutschland

Der italienische Premier erinnerte außerdem daran, dass sein Land bezüglich des Handelsvolumens mit China innerhalb der Union nur an der vierten Stelle liege. Allen voran Deutschland betreibe mit den Chinesen weitaus mehr Handel als Italien – und bei der neuen Seidenstraße gehe es letztlich in erster Linie um den Güteraustausch. Oder mit anderen Worten: Italien will sich in Zukunft einfach ein größeres Stück des chinesischen Kuchens sichern. (straub, as, 16.3.2019)