Plan B? Ich hatte damals nicht einmal mehr einen Plan A.

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Was würdest du deinem jüngeren Ich gerne sagen? Diese Frage wird gerne in geselligen Runden, in Therapiegesprächen oder in sozialen Medien gestellt und soll zu einer Zeitreise in die eigene Vergangenheit anregen.

Vergangene Woche hatte ich tatsächlich die Gelegenheit zu dieser kleinen Zeitreise. Ich habe vor 25 14-Jährigen gesprochen. Ich habe ihnen etwas über meinen Beruf und meinen Werdegang erzählt. Das tue ich gerne und nehme jede Gelegenheit wahr. Denn in Wiener Schulklassen sitzen oft Kinder und Jugendliche, denen es so ergeht wie mir in meiner Schulzeit in Österreich.

Vor mir saßen durchwegs interessierte, aufgeweckte Buben und Mädchen mitten in der Pubertät und in der letzten Klasse einer Neuen Mittelschule in Ottakring. Am Ende des Schuljahrs werden sie auseinandergehen und Berufe erlernen oder eine weiterführende Schule besuchen.

Ich erzählt ihnen davon, dass ich, als ich ihrer Stelle saß, in der achten Schulstufe im zweiten Halbjahr große Sorgen hatte. Ich lernte gerade Deutsch und war noch kein ganzes Jahr in Wien. Mein Traum, "irgendwas mit Sprache und Schreiben" zu machen, löste sich gerade in langen Vokabelkolonnen und Tabellen mit Konjugationen auf.

Als ich in meiner Erzählung schon längst in der Gegenwart angekommen war, hob ein Mädchen aus der ersten Reihe die Hand. "Hatten Sie damals eigentlich noch einen Plan B?"

Ich lachte und musste schlucken. Plan B? Ich hatte damals nicht einmal mehr einen Plan A. Ich antwortete in ein paar holprigen Sätzen etwas von Hoffnung, Sturheit und Unterstützung durch aufmerksame Lehrerinnen und davon, dass "sich dann doch alles irgendwie ergeben hat". Aber eigentlich sprach ich zu meinem 14-jährigen Ich: "Du musst dir nicht verzweifelt einen Plan B zurechtlegen, es wird sich alles fügen."

Ich wünsche der Fragestellerin und allen ihren Schulkollegen und -kolleginnen, dass sie die gleichen Chancen für ihren Plan A bekommen, wie ich sie hatte. Dass sich auch für sie alles fügt. Dass sie Unterstützung erfahren. Dass man ihnen wohlwollend begegnet. Dass man ihre Stärken erkennt. Das ist alles leider keine Selbstverständlichkeit. Schon gar nicht in einer Zeit, in der auf Kosten dieser Kinder politisches Kleingeld gemacht wird. (Olivera Stajić, 19.3.2019)