Gloria Fernández (2. von links) und Jaume Fernández (ganz rechts) im Protestzug.

Foto: Wandler

Der Ruf der Menge nach der Unabhängigkeit Kataloniens war nichts Neues, der Ort der Demonstration schon. Zehntausende zogen am Samstag unter dem Motto "Selbstbestimmung ist kein Verbrechen" durchs Zentrum der spanischen Hauptstadt Madrid. Gerufen hatten neben den beiden großen Un abhängigkeitsorganisationen, der Katalanischen Nationalversammlung (ANC) und Òmnium Cultural über 60 Parteien, Gewerkschaften und Gruppierungen aus ganz Spanien. Mit dabei: Kataloniens Regierungschef Quim Torra.

"Dieses Verfahren ist eine Farce", skandierten sie immer wieder und brachten damit ihren Ärger über die derzeit laufende Gerichtsverhandlung gegen zwölf Politiker und Aktivisten der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung vor dem Obersten Gerichtshof in Madrid zum Ausdruck.

Die Veranstalter sprachen von 120.000 Teilnehmern, die Behörden von nur 18.000. Angesichts der über 500 Busse und 15 Sonderzüge, die aus Katalonien angekommen waren, ist die zweite Zahl sicher zu tief gegriffen.

Viele organisierten die Reise selbst. So auch Gloria Fernández aus Girona, jener Stadt, in der der mittlerweile in Brüssel lebende, ehemalige katalanische Regierungschef Carles Puigdemont seine politische Karriere als Bürgermeister begann. "Es geht uns darum, unsere Bewegung auch hier im restlichen Spanien sichtbar zu machen", erklärt die 51-jährige Lehrerin.

Wenig Verständnis

Viel Erfolg hatten sie damit– zumindest außerhalb der Demonstration – nicht. "Die Menschen hier in Madrid verstehen uns nicht", sagt Glorias Bruder, Jaume Fernández. Die beiden sind gemeinsam mit dem Auto nach Madrid gereist. In den Kneipen würden sie verständnislose Blicke ernten, berichtet der 53-jährige Bauunternehmer. "Ein paar Typen wollten uns schlagen", fügt er dann hinzu. "Dabei respektieren wir Spanien, wir wollen nur selbstständig werden, das ist unser gutes Recht", sagt er. "Warum sollen wir Spanien auch hassen? Das ist absurd." (Reiner Wandler aus Madrid, 17.3.2019)