Die Pläne des Architekten Isay Weinfeld für das Heumarkt-Projekt am Wiener Stadtpark werden wohl noch lange auf ihre Verwirklichung warten müssen.

Rendering: nightnurse images, Zürich, Entwurf: Isay Weinfeld, Sebastian Murr

Das Heumark-Verfahren sorgt aktuell auf mehreren Ebenen für Schlagzeilen. Die Wiener SPÖ kündigte am Sonntag an, das Verfahren für zwei Jahre zu stoppen. Aber auch das UVP-Verfahren könnte unabsehbare Auswirkungen auf andere Verfahren haben.

Zur Vorgeschichte: Die Gruppe von Heumarktbetreiber Michael Tojner wollte Rechtssicherheit darüber, ob sie ein Verfahren für eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) durchzuführen hat. Dazu hat der Gesetzgeber ein eigenes Feststellungsverfahren mit ganz kurzen Fristen normiert.

Ein Bewilligungswerber kann diese Feststellung beantragen, ob für ein Vorhaben eine UVP benötigt wird. Das haben die Heumarktbetreiber getan; die Behörde stellte fest, dass keine UVP durchzuführen ist.

Diese Entscheidung wurde von einer Umweltorganisation bekämpft. Über eine solche Beschwerde entscheidet das Bundesverwaltungsgericht (BVwG). Auch dessen Entscheidungsfrist ist sehr kurz, nämlich sechs Wochen. Der zuständige Richter des BVwG hat aufgrund der Beschwerde eine Verhandlung ausgeschrieben und dabei in den Raum gestellt, dass Österreich die UVP-Richtlinie unvollständig umgesetzt hat.

Weltkulturerbe

Laut Medienberichten soll er die beschwerdeführende NGO aufgefordert haben, eine Anregung auf Vorabanfrage an den Europäischen Gerichtshof an ihn zu richten. Der EuGH soll gefragt werden, ob die österreichischen Grenzwerte für Städtebauvorhaben in Weltkulturerbegebieten den europarechtlichen Vorgaben entsprechen. Der Richter hat klar signalisiert, dass er eine solche Vorabanfrage beabsichtigt.

Das ist eine Katastrophe für den Projektbetreiber. Die Wahrscheinlichkeit, dass der EuGH auf eine unvollständige Umsetzung der EU-Richtlinie erkennt, ist zwar gering. Das Problem liegt vielmehr in der von der Lehre schon mehrmals kritisierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, was während eines laufenden Feststellungsverfahrens zu passieren hat. Nämlich nichts.

Solange dieses Verfahren läuft, dürfen die einzelnen Bewilligungsverfahren nicht geführt werden. Wenn jetzt also ein BVwG-Richter in einem an sich auf sechs Wochen anberaumten Feststellungsverfahren auf die Idee kommt, die Rechtslage in Österreich sei europarechtswidrig, dann stocken für die Dauer seiner Vorabanfrage alle Verfahren. Ein Prozess, für den der Gesetzgeber sechs Wochen vorgesehen hat, kann plötzlich mehrere Jahre dauern. Der Projektbetreiber ist in dieser Zeit zur Untätigkeit verdammt.

Antrag wurde zurückgezogen

Der Heumarkt-Betreiber hat angesichts dieser untragbaren Aussicht das einzig Logische getan: Er hat den Feststellungsantrag gem. § 13 Abs 7 AVG zurückgezogen. Das Verwaltungsrecht sieht vor, dass damit auch das laufende Beschwerdeverfahren einzustellen ist – zumindest für diesen Fall.

Das dahinterstehende Zeitdilemma bleibt dennoch ein ungelöstes und brennendes Problem. Denn einerseits können auch die Behörden und Umweltanwälte ein UVP-Feststellungsverfahren einleiten – dann wäre eine Zurückziehung nicht möglich. Andererseits fühlt sich das BVwG in der Praxis grundsätzlich nicht an die Sechswochenfrist gebunden.

Der BVwG-Richter im Heumarkt-Fall geht allerdings noch weiter. Er will die für heute, Montag, anberaumte Verhandlung abhalten und offenbar auch den EuGH anrufen. Dass der Antrag, der die Beschwerde eingeleitet hat, zurückgezogen wurde, will er nicht zur Kenntnis nehmen.

Empfehlung von Umweltjuristen

Eine solche Vorgangsweise ist systemwidrig und widerspricht sowohl der ständigen Judikatur der Höchstgerichte als auch den Grundprinzipien des österreichischen Verwaltungsrechts. Ob sie zumindest argumentierbar ist, weil theoretisch auch von Amts wegen ein Feststellungsverfahren eingeleitet werden könnte, werden erst die Gerichte im wohl unvermeidlich folgenden Amtshaftungsverfahren klären.

Ungeachtet dessen stellt die Vorgangsweise zukünftige Projektbetreiber vor gewaltige Probleme. Bisher war die Empfehlung von Umweltjuristen stets, ein Feststellungsverfahren einzuleiten, um möglichst rasch Rechtssicherheit zu bekommen, welches Verfahren durchzuführen ist.

Wenn die BVwG-Richter jetzt in einem Schnellverfahren beginnen, die österreichische Rechtsordnung und die korrekte Umsetzung von Europarecht zu hinterfragen, wird ein an sich sinnvoller Vorgang ins Gegenteil verkehrt. Nicht rasche Klärung, sondern Verzögerung über Jahre ist die Folge. Das kann nicht im Interesse einer zügigen Verfahrensabwicklung sein.

Die schon mehrmals aufgestellte Forderung, dass der Gesetzgeber eine Weiterführung der einzelnen Verfahren während eines laufenden UVP-Feststellungsverfahrens erlaubt, hat damit weiter an Aktualität und Bedeutung gewonnen. (Georg Eisenberger, 17.3.2019)