Im Gesellschaftsspiel Monopoly ist es easy, im echten Leben kommt die sagenhafte Vermögensanhäufung in Immobilien eher selten vor. Mit den sogenannten Hollandfonds gingen tausende Anleger baden.

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Wien – Hoffnungsschimmer für Anleger in sogenannten Hollandfonds, die mit ihrem Geld in Immobilien- und Schiffsfonds Totalverluste erlitten haben: Wer nachweisen kann, dass er das Produkt nicht gekauft hätte, wenn er gewusst hätte, dass seine Bank neben den üblichen Vermittlungsprovisionen (Agio) auch noch verdeckte Provisionen einstreift, hat laut einem Spruch des Obersten Gerichtshofs (OGH) gute Chancen, sein Investment samt Zinsen zurückzubekommen.

Das erschließt sich aus einem Beschluss des Höchstgerichts, der vorige Woche ergangen ist und dem STANDARD vorliegt. Der OGH ließ die Raiffeisen Landesbank Niederösterreich-Wien (RLB Nö) mit ihrer Revision abblitzen. Nun muss die Bank einem Arzt, der vor zwölf Jahren 353.688,79 Euro in Kommanditanteile am "68. Sachwert Rendite Fonds Holland GmbH & Co KG" investierte, seine Anteile wieder abkaufen – samt vier Prozent Zinsen und Gerichtskosten. Auch für allfällige künftige Rückforderungen bereits erfolgter Gewinnausschüttungen hafte die Bank, sagt Klägeranwalt Sebastian Schumacher.

Damit ist nach fünf Jahren Instanzenzug ein weiteres Kapitel in der reichlich unrühmlichen Geschichte der vermeintlich renditeträchtigen Immobilien- und Schiffsfonds, die im Zuge der Finanzkrise vielfach zu Flops mutierten, geschlossen.

Verdeckte Vergütung

Der OGH-Senat begründet seine Entscheidung so: Die Bank habe den Arzt nicht darüber informiert, dass ihr neben dem üblichen Agio von fünf Prozent weitere drei Prozent der vom Kläger geleisteten Investitionssumme seitens des Emittenten des Fonds, der MPC Münichmeyer Petersen Capital Austria AG, zuflossen. "Hätte die Beklagte zusätzlich zu den drei Prozent Agio keine weiteren Vergütungen von der MPC erhalten, hätte sie diese Veranlagungen nicht in ihr Produktportfolio aufgenommen und dem Kläger wäre die Veranlagung in den geschlossenen Fonds in einem Beratungsgespräch nicht empfohlen worden", heißt es im OGH-Beschluss. Alternativ hätte der Allgemeinmediziner sein Geld nämlich in eine Vorsorgewohnung gesteckt.

Heißt auf gut Deutsch: Ohne diese verdeckten Zuwendungen ("Kick-backs") hätte die RLB Niederösterreich-Wien die geschlossenen Fonds gar nicht vertrieben (diesfalls über eine Bankfiliale in einem Krankenhaus in Wien).

Golddukaten als Belohnung

Zur Belohnung gab es Bonifikationen. Neben Erfolgsprämien wurden die Bankberater seitens MPC mit Golddukaten prämiert. Der Bank attestieren die Höchstrichter "ein besonderes Eigeninteresse am Vertrieb (gerade) dieses Produkts". Ob der Bankberater von der Zusatzprovision wusste oder nicht, sei irrelevant, wenn die beklagte Bank durch spezielle vertriebsfördernde Maßnahmen – wie hier – Einfluss auf Beratertätigkeit und Anlageentscheidung des Kunden nimmt. "Eine unabhängige Beratung ist damit (...) trotz Unkenntnis des Beraters von den Provisionszahlungen nicht sichergestellt." Denn die Bank und ihre Kundenberater befanden sich in einem Interessenkonflikt.

"Verbotene Zahlungen bleiben nicht sanktionslos", sagt der auf Konsumenten- und Anlegerschutz spezialisierte Anwalt Schumacher. "Das ist ein klares Statement des OGH zu Compliance und Transparenz." Seitens der RLB Niederösterreich-Wien gab es keine Stellungnahme. Man kommentiere Gerichtsurteile grundsätzlich nicht, so eine Sprecherin.

Der Fall des Arztes gilt auch deshalb als Musterfall, weil es dem Stammkunden der Bank gelungen war, das offen gelegte Agio von ursprünglich fünf Prozent auf drei Prozent herunterzuhandeln, also von 17.684,44 Euro auf 10.610,66 Euro. (Luise Ungerboeck, 18.3.2019)