Eine klare Antwort von Valtteri Bottas in Australien.

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Melbourne – Sebastian Vettel rieb sich seinen neuen Schnäuzer, er war "überrascht" und "schockiert". Schon der Saisonauftakt hatte den Deutschen aus allen Träumen gerissen, die Hoffnung auf eine neue Ferrari-Dominanz platzte bereits in Melbourne. Nur Rang vier, keine Chance gegen den zweitplatzierten Weltmeister Lewis Hamilton im Mercedes – und erst recht keine gegen den wild entschlossenen Sieger Valtteri Bottas.

Der seit einem Jahr so glücklose Finne, die vermeintlich ewige Nummer zwei der Silberpfeile, hatte es beim Großen Preis von Australien allen gezeigt. Gleich nach der Zieldurchfahrt teilte Bottas gegen seine Kritiker aus. "An alle, die sich angesprochen fühlen: Fickt euch!", knurrte er in den Boxenfunk.

Mit seiner Vorstellung setzte er ein Ausrufezeichen hinter die Ansprüche, das Rennen um den WM-Titel zu einem Dreikampf zu machen, 20 Sekunden trennten ihn von Hamilton, auf Vettel fuhr er sogar fast eine Minute heraus. Ferraris Nummer eins musste sich auch noch hinter Red-Bull-Star Max Verstappen einreihen, sein neuer Teamkollege Charles Leclerc landete auf dem fünften Rang.

"Einfach langsam"

"Das ist nicht die Form, die wir noch vor ein paar Wochen hatten", sagte Vettel, "wir waren einfach langsam. Und es war überraschend und schockierend, wie schnell Mercedes heute war, wie einfach sie es hatten."

Ferrari hatte es am Wochenende dagegen zweifellos schwer. Noch bei den Wintertests in Barcelona hatte kein Team so stark gewirkt wie die Scuderia. Qualifying-Runden, Rennsimulationen, Setup, beinahe alles schien vom ersten Tag an zu stimmen. Das Fahrerlager war sich daher weitgehend einig: Ein Ferrari würde den Auftakt gewinnen.

Doch ab dem ersten Trainingskilometer im Albert Park gab Mercedes den Ton an und holte die erste Startreihe vor Vettel. "Ich hatte hier ja kein bestimmtes Ergebnis erwartet", sagte Vettel, "aber ich habe auf jeden Fall eine bessere Form von uns erwartet."

Spätestens nach seinem frühen Boxenstopp kämpfte Vettel mit den Reifen an seinem Ferrari: "Heute war nicht mehr drin, bis zum nächsten Rennen müssen wir uns das gut anschauen." Und das steigt schon in zwei Wochen in Bahrain.

Dort will auch Bottas wieder auftrumpfen. Der Finne hat eine komplettes Jahr ohne Sieg hinter sich und war mit viel Wut im Bauch in den Winter gegangen. Bottas fühlte sich unfair kritisiert von vielen, "es ist eine lange Liste", sagte er nach dem Rennen schmunzelnd.

"Im Sport gibt es Aufs und Abs", erklärte der eigentlich so höfliche Bottas seinen Ausbruch: "Das vergangene Jahr war hart, und da konnte ich sehen, wer die echten Unterstützer sind. Vielleicht sollten die Leute in den Spiegel schauen und überlegen, warum sie das tun."

Probleme bei Hamilton

Der erste Auftritt des Jahres bot nun keinerlei Angriffsfläche. Als die roten Ampeln ausgingen, nutzte Bottas einen schwachen Start von Pole-Setter Hamilton, zog vorbei und fuhr geradezu unaufhaltsam dem vierten Sieg seiner Karriere entgegen.

"Das war definitiv das beste Rennen meiner Karriere", sagte der 29-Jährige. Auch den wieder eingeführten Extrapunkt für die schnellste Rennrunde sicherte Bottas sich auf den letzten Kilometern und thront mit der Maximalausbeute von 26 Zählern erstmal an der Spitze des WM-Klassements.

Hamilton hatte indes mit Problemen am Unterboden seines Autos zu kämpfen, das teilte Mercedes nach dem Rennen mit. Der Titelverteidiger widersprach aber der Wertung, er habe in Australien ein "schlechtes Wochenende" erlebt: "Wir haben einen Doppelsieg geholt, das Team hat einen großartigen Job gemacht. Und jetzt geht es weiter." (sid, red, 17.3.2019)