Sebastian Klein führt im Volx als Joe die "Geringsten" an. Die rechtsextreme Gruppe von Ausländerhassern verübt einen Anschlag.

Foto: APA

Ballkleider, Blumenschmuck und Leichen – 1995 erschien Josef Haslingers Roman Opernball über eine rechtsnationale Terrorgruppe. Sie nennt sich "Die Geringsten" und löscht mit einem Giftgasanschlag beim "Fest der feinen Pinkel" auf einen Schlag die gesamte, politisch gemäßigte österreichische Staatsspitze aus.

Die live übertragenen Bilder lösen in der Bevölkerung einen politischen Rechtsruck aus.Im Volx/Margareten ist der Stoff auf der Bühne zu sehen. Ein Fünfmannteam spielt die rechten Recken mit viel Wut im Bauch. Haslingers fast 500 Seiten dickes Buch, das seinerzeit eine halbe Million Mal verkauft wurde, erweist sich immer noch als hellsichtig in der Beschreibung dem eigenen Empfinden nach benachteiligter Gesellschaftsgruppen. Im Trachtenjanker macht Darsteller Bernhard Dechant seinem Ärger über die Fremden lautstark Luft. Auch Thomas Frank als Hackler tobt, denn Ausländer nehmen Österreichern die Arbeitsplätze auf Baustellen weg und eröffnen in Wirtshäusern Shisha-Bars. Die Heimat ist bedroht.

Jede Kultur hat das Recht auf ihre eigene Erhaltung, lautet der Schlachtruf des Abends. Wenn die Männer zum "Tschuschenklatschen" losziehen, schlagen sie am Gürtel Zuwanderer nieder. Gezeigt wird das während der zwei Stunden Spieldauer jedoch nicht, die Truppe berichtet bloß davon. Dann bildet das tolle Ensemble in Frontalaufstellung Sprechchöre.

Geheimtreffen unter Bäumen

Regisseur Alexander Charim setzt weniger auf Kulissen (Ivan Bazak), sondern konzentriert sich auf die Darsteller. Die aufgebaute Drehbühne kommt kaum zum Einsatz. Ein paar krakelige Bäume, die klarmachen sollen, dass die radikale Gruppe sich zu Geheimtreffen am Land versammelt, wirken ziemlich verloren. Eine Handvoll herumstehender Röhrenfernseher betoniert ihrerseits die Handlung in den 1990er-Jahren ein.

Darin liegt das Problem des dank kurzer und rasch wechselnder Szenen dichten Abends: er bleibt bloß eine Inszenierung von Haslingers Roman. Dabei ist das Schreckensszenario, in das er mündet, für das Publikum im Volx hier und heute schon mehr als ein Jahr lang Realität: eine rechte Partei stellt den Innenminister.Zunehmend quält einen der Eindruck, dass das Stück an der aktuellen Problemlage vorbeigeht.

Haslingers Analyse der Ursachen, wie es zu rechten Tendenzen in der Bevölkerung kommen kann, stimmt zwar. Aber sie ist nicht mehr neu. Den Stoff auf die Bühne zu bringen, als hätte sich in den vergangenen 20 Jahren realpolitisch nichts getan, schmeckt schal. Aufsehenerregende Opernballdemonstrationen sind passé. Regie und Dramaturgie haben es sich damit zu einfach gemacht.