Die Feldlerche ist der Vogel des Jahres, auch ihr geht es schlecht: Die Anzahl der Brutpaare hat sich in den vergangenen zwanzig Jahren fast halbiert.

Foto: M. Dvorak

Bodenbrütende Vögel, die in der vom Menschen geprägten Landschaft leben, haben es schwer. Nahrung und Nistplatz sind durch die industrielle Landwirtschaft gefährdet. Der im Auftrag des Nachhaltigkeitsministeriums erstellte Farmland-Bird-Index verzeichnet einen dramatischen Rückgang.

Seit 1998 dokumentiert der Vogelschutzverein Birdlife Österreich die Bestandsentwicklung der heimischen Brutvögel. Aufgrund dieser Daten wird für Arten, die auf landwirtschaftlich genutzten Flächen leben, seit 2007 der Farmland-Bird-Index ("Biodiversität: Bestand der Feldvögel") erstellt.

Es handelt sich dabei um eine Initiative der EU, die in allen 28 Mitgliedstaaten durchgeführt wird. Das Ergebnis ist erschreckend: Die zwanzig untersuchten Arten verzeichnen seit 1998 einen Bestandsrückgang von durchschnittlich 42 Prozent.

Dramatischer Rückgang

Nur Star und Feldsperling haben zugelegt. Insgesamt elf Arten sind sogar dramatisch zurückgegangen, darunter der diesjährige Vogel des Jahres, die Feldlerche: Die Anzahl ihrer Brutpaare hat sich in den vergangenen zwanzig Jahren fast halbiert, ebenso wie die des Braunkehlchens. Andere Arten, wie der Girlitz oder das Rebhuhn, sind noch stärker reduziert worden.

Die Ursachen für den rapiden Vogelschwund liegen in erster Linie in der Intensivierung der Landwirtschaft: Es gibt immer weniger Brachflächen, Feldraine und Hecken, die lebensnotwendige Rückzugs- und Nahrungsräume bieten. Außerdem ist das Nahrungsangebot durch Pestizide, die die Insekten reduzieren, eingeschränkt.

Gleichzeitig wird immer häufiger Wintergetreide angebaut, weil es höhere Erträge bringt als Sommergetreide. Es wird bereits im Herbst gesät und kann ab Mitte Juni des folgenden Jahres geerntet werden. Das bedeutet, dass viele Äcker im Frühling schon dicht mit Halmen bestanden sind und bodenbrütende Feldvögel auf diesen Flächen keinen geeigneten Brutplatz mehr finden.

Fünfmal mähen im Jahr

Dieses Problem haben die Vögel im Grünland nicht – dort lauern andere Gefahren. Früher wurden Wiesen entweder direkt beweidet oder einmal im Sommer für die Heuerzeugung gemäht. Heute kann – bei entsprechendem Düngereinsatz – bis zu fünfmal pro Jahr gemäht werden, was vielen Vogelgelegen den Garaus macht wie etwa dem Braunkehlchen.

"Das Braunkehlchen kommt in der zweiten Aprilhälfte aus Afrika zurück und brütet dann in Wiesen am Boden", wie Norbert Teufelbauer, Monitoringexperte von Birdlife, erklärt, "und bei mehrmals gemähten Wiesen erfolgt der erste Grasschnitt so früh wie möglich. Dabei werden die Jungvögel im Nest von der Mähmaschine erfasst. In solchen Wiesen haben die Vögel keine Chance auf erfolgreiche Fortpflanzung."

Dramatisch ist die Lage auch beim Rebhuhn: Sein Bestand hat sich in den letzten zwanzig Jahren um 82 Prozent verringert. Auslöser sind dieselben Faktoren wie bei Feldlerche und Braunkehlchen, sprich Lebensraumverlust und Nahrungsmangel. Das bestätigte auch eine Studie, die das Institut für Wildbiologie und Jagdwirtschaft der Universität für Bodenkultur (Boku) Wien im Frühjahr und Winter 2017 am Wiener Stadtrand durchführte.

Vorliebe für biologisch bewirtschaftete Flächen

Auf insgesamt 34 Flächen – insgesamt 21,6 Quadratkilometer – im zehnten, 21. und 22. Bezirk erhoben Projektleiterin Eva Maria Schöll und ihre Kollegen die vorhandenen männlichen Rebhühner, indem sie ihnen den Ruf eines vermeintlichen Konkurrenten vorspielten.

Wie sich dabei zeigte, kommen die Vögel am häufigsten in kleinstrukturierten Arealen mit breiten Randstreifen vor oder auch im Bau-Erwartungs-Land, wie damals noch in der Seestadt Aspern. Bei einer Folgestudie in Niederösterreich ließ sich außerdem eine Vorliebe der Rebhühner für biologisch bewirtschaftete Flächen feststellen, auf denen bekanntlich keine Pestizide eingesetzt werden.

Die Auswertung für Niederösterreich läuft noch, für die Untersuchungsgebiete in Wien konnten die Forscher insgesamt 52 Männchen dokumentieren. Das ist für die Größe der kartierten Flächen nicht viel – und wird wohl noch weniger werden: "Wenn der Lebensraum verlorengeht, schaut es schlecht aus", betont Schöll.

Einfache Hilfsmittel

Abhilfe ließe sich mit verhältnismäßig einfachen Mitteln schaffen: So würde sich die Situation für viele Arten schon deutlich entspannen, wenn um die Felder herum ein bis zwei Meter breite Streifen unbearbeitet blieben. Für die Feldlerche hat sich außerdem die Anlage von Lerchenfenstern bewährt: Das sind circa 20 Quadratmeter große Flächen in Getreidefeldern, auf denen nicht gesät wird und die den Lerchen, aber auch anderen Feldvögeln die Nahrungssuche ermöglichen und gesicherte Brutplätze bieten.

Ein erfolgversprechendes Projekt für den Schutz des Kiebitzes wurde 2016 im oberösterreichischen Naturpark Obst-Hügel-Land gestartet: Diese Vögel brüten ebenfalls in Feldern und sind in den vergangenen 20 Jahren um fast 40 Prozent zurückgegangen. In Kooperation mit Birdlife konnten lokale Landwirte für Kiebitz-Schutzmaßnahmen gewonnen werden: Demnach wurden zum Beispiel die Nester mit Stäben markiert und in der Folge beim Mähen verschont, wodurch der Bruterfolg deutlich erhöht werden konnte. So ermutigend solche Aktivitäten sind – auf die Dauer dürften sie zu wenig sein, um die fatale Entwicklung bei den Feldvögeln aufzuhalten.

Was lässt sich also tun? Dazu Teufelbauer: "Man muss Rahmenbedingungen schaffen, unter denen es für die Landwirte wirtschaftlich ist, Artenschutzleistungen zu erbringen." Eine Möglichkeit dazu sieht er im österreichischen Agrarumweltprogramm zur Förderung einer umweltgerechten Landwirtschaft (Öpul) im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) der EU.

Die Teilnahme daran bedeutet für die Bauern die Abgeltung von Leistungen, Bewirtschaftungserschwernissen und Ertragseinbußen, die aus Artenschutzleistungen entstehen. Welche das genau sind, wird alle sieben Jahre neu festgelegt. "Da müsste man Maßnahmen für Feldvögel festschreiben und diese so gut entlohnen, dass sie von den Landwirten auch tatsächlich angenommen werden", meint Teufelbauer. Und er ergänzt: "Am Geld sollte es nicht scheitern: 40 Prozent des EU-Budgets gehen in die Landwirtschaft." (Susanne Strnadl, 24.3.2019)