Der Völkerrechtler Andreas Kumin ist Österreichs neuer Richter am EuGH.

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Eigentlich hätte alles ganz anders kommen sollen. Als die frei werdende Richterstelle am Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg nachbesetzt werden sollte, wählte die Bundesregierung zum Missfallen der Opposition die Linzer Rechtsprofessorin Katharina Pabel aus. Schon eineinhalb Monate nach ihrer Nominierung, die unter anderem wegen Pabels kritischer Kommentare über die europäische Menschenrechtsjudikatur für Unmut gesorgt hatte, hieß es plötzlich: Pabel geht doch nicht zum europäischen Höchstgericht. Sie habe ihre Bewerbung "zurückgezogen", verlautbarte die Bundesregierung. Was nicht dazugesagt wurde: Die Verwaltungsrechtlerin war schlicht und einfach beim Hearing in Luxemburg durchgefallen.

Da hatte der Völkerrechtler Andreas Kumin, der nach einer neuerlichen Ausschreibung des Richterpostens nun mit Verspätung die Richterstelle der früheren SPÖ-Justizministerin Maria Berger in Luxemburg übernimmt, schon deutlich bessere Karten. Der Professor an der Karl-Franzens-Universität in Graz, der als Lehrbeauftragter auch an der Wirtschaftsuniversität Wien, der Diplomatischen Akademie und an der Universität Innsbruck tätig ist, hat nicht nur seine gesamte Publikationstätigkeit dem Europarecht gewidmet. Seit 2005 ist er auch Leiter der Europarechtsabteilung im Völkerrechtsbüro des Außenministeriums.

Als solcher tat er, was Juristen zu tun haben: sich dem Recht verpflichtet zu fühlen, auch wenn es anderen gegen den Strich geht. So gab er eine Stellungnahme zur von der Regierung geplanten Indexierung der Familienbeihilfe für EU-Ausländer ab, die seinen Auftraggebern nicht schmeckte – was zur Folge hatte, dass das Papier in der Schublade verschwand.

Man kann davon ausgehen, dass Kumin dagegen intern nicht offen rebellierte. Der Jurist, der dank eines nicht abgeschlossenen Zweitstudiums in Übersetzung und eines Post-Graduate an der französischen Elitenkaderschmiede ENA fließend Englisch, Französisch und Spanisch spricht, wird von Kollegen als freundlicher, braver Beamter beschrieben. In Luxemburg, wo der 53-jährige Vater zweier Kinder am heutigen Tag in den Richterstand eintritt, wird er aber Gelegenheit haben, dem früheren Arbeitgeber noch einmal auszurichten, wie er die Beihilfenkürzung für Ausländer sieht. Denn die Causa wird in absehbarer Zeit auf den Schreibtischen der 28 EuGH-Richter landen. (Maria Sterkl, 19.3.2019)