Das Attentat von Christchurch in der vergangenen Woche hat nicht zuletzt die Diskussion darüber angefacht, welche Verantwortung die sozialen Medien tragen. Gewalt und extremistische Theorien können über Facebook und Co eine Wirkmächtigkeit entfalten, die eine neue Qualität von Terror erst ermöglicht. Ganz ohne Propagandaabteilung war es dem Täter von Christchurch durch die Liveübertragung möglich, seine kranken Morde auf die Bühne zu heben. Erst – oder schon – 29 Minuten nach der Tat reagierten die zuständigen Stellen bei Facebook, da war das Video aber bereits massenhaft geteilt worden. Facebook löschte nachträglich 1,5 Millionen Kopien.

Natürlich müssen Internetkonzerne in die Pflicht genommen werden, wenn es um problematische Inhalte geht. Eine politische Diskussion darüber darf nicht verstummen, Qualität in der Moderation muss oberste Priorität haben.

Einen Faktor können und wollen die Konzerne aber nicht beeinflussen: den Voyeurismus ihrer Userinnen und User. Denn verbreitet haben das Video immer noch die Individuen selbst. Brutalität pur aus erster Hand als Mittel zur Selbsterhöhung oder einfach nur aus Langeweile.

Neben der Diskussion über strukturelle Verantwortung wird in diesem Zusammenhang wieder deutlich: Der Vermittlung von Medienkompetenz und Zivilcourage muss im Unterricht viel mehr Raum eingeräumt werden als derzeit vorgesehen. Und sie sollte deutlich früher ansetzen. (Manuela Honsig-Erlenburg, 19.3.2019)