130 Partner sind an Bord der Foto Wien. Eine von ihnen ist die Künstlerin Sophie Thun, die Fotogramme zeigt.

Foto: Sophie Thun, Contact (Rain on pane), 2018, Courtesy of the Artist and Sophie Tappeiner; Photography: Maximilian Anelli-Monti

Ein Zentrum für Fotografie? Wien hat nun zumindest temporär eines. Denn während hinter verschlossenen Türen die Planspiele für ein Bundesmuseum weitergehen, öffnet die Foto Wien ab heute Abend 18 Tage lang die Tore der Österreichischen Postsparkassa und macht das Haus zum Hotspot der Fotoszene. Das Festival ist neu – und auch wieder nicht. Richtiger ist: Es ist der Relaunch einer alten Bekannten. Früher fand der Europäische Monat der Fotografie (EMOP) im November statt und hieß Eyes On.

Schon im Sommer 2017 hatte die Stadt still das Ende von "Eyes On" beschlossen, wie im April des Folgejahrs bekannt wurde (Der STANDARD berichtete). Es brauche frischen Wind und für die nächste Ausbaustufe eine städtische Struktur zum Andocken, hieß es. So kam das biennale Festival und die Fördersumme von inzwischen 270.000 Euro in die Kompetenz des Wiener Kunsthauses. In den letzten Jahren hat man dort den Lichtbildschwerpunkt ausgebaut. Die Bezeichnung "Haus für Fotografie" gehört zur Marke, die die Ausrichtung der Foto Wien nun stärkt.

Es hat sich viel getan

Vom November verlegte man das Festival in den März, denn der 1978 in Paris begründete Mois de la Photo, mit Ablegern in Athen, Berlin, Bratislava, Budapest, Ljubljana, Luxemburg, findet klassisch im Frühling statt. Ausgerechnet heuer nicht. Der neue Chef des "Maison Européenne de la Photographie" (das Ausstellungshaus richten das Festival aus) Simon Baker, sei noch in der Phase der Neuausrichtung. Auch in Wien macht die Neuauflage Sinn: Hat sich doch seit dem Start von Eyes On viel getan. Fotografie hat am Kunstmarkt an Bedeutung gewonnen. Werke von Fotokünstlern wie Thomas Ruff erzielen Preise, die früher nur für Gemälde denkbar waren.

Gleich geblieben ist das Prinzip: Gemeinsam mit den Programmpartnern – großen und kleinen Institutionen, Galerien, Offspaces und Künstlerateliers – spiegelt man Vielfalt und Potenzial der lokalen Fotoszene und gewährt Blicke auf das internationale Fotogeschehen.

130 Partner (ausgewählt von einer vierköpfigen Jury) sind diesmal an Bord. Stark verkleinert hat man sich also nicht, gab es doch früher Kritik an dem bisweilen mit 180 Ausstellungsorten ausufernden Vorgänger Eyes On. Die Trüffelsuche hat der Künstler Robert Fleischanderl (er stellt heuer selbst aus) nie gescheut: "Das Risiko, dass unter zehn Ausstellungen neun Nieten waren, nehme ich für die eine mit Wow-Effekt, gern in Kauf."

Entwicklung zum Branchentreffen

Neu sind nicht nur der Termin und die früher oft vermisste Festivalzentrale: Das Kunsthaus hat einige Ausstellungen produzieren lassen (etwa Urbane Zonen oder Curator’s Choice), lobt den zusammen mit dem STANDARD vergebenen RONDO-Fotopreis und den von Sammler Peter Coeln gestifteten Fotobuch-Preis aus und hat die Diskursschiene massiv erweitert. Alles deutet auf eine Professionalisierung hin: Das einstige Publikumsfestival erweitert sich in Richtung Branchentreffen. Das wichtigste jener Art ist die Messe Paris Photo im Pariser Grand Palais. Die lockt jährlich mehr Publikum an, zuletzt waren es knapp 70.000 – an fünf Tagen wohlgemerkt.

Wollte man früher ganz bewusst kein Tummelplatz für Kuratoren sein, ist das inzwischen sehr wohl von Belang. Auch international solle sichtbar werden, dass Wien ein lebendiger Standort für Fotografie ist, betont Kunsthaus-Kuratorin Verena Kasper-Eisert. Nachdem mit dem Jahr 2017 nicht nur das Fotobuchfestival, sondern auch das messeartige, wegen den selbstzahlenden Künstlern vielkritisierte Format photo::vienna Geschichte ist, dürften sich nun alle Aktivitäten auf die Foto Vienna konzentrieren.

Bühne frei für Galerien

Auf Möglichkeit zum Netzwerken mit internationalen Fotokuratoren hoffen die Galerien, von denen beinahe alle derzeit fotografische Positionen präsentieren. Als große Auftrittsbühne für die von ihnen vertretenen Künstler sieht es etwa Kurt Kladler von der Charim-Galerie. Als Chance, auch wenn die Gefahr bestehe, im Veranstaltungsdickicht unterzugehen. Klingt nach Vienna Art Week für die Sparte Fotografie.

"Jede Initiative, die zur Fotografie führt, ist positiv", sagt Peter Coeln, Gründer des Fotomuseums Westlicht, der nach dem Wegfall des Sponsors nach wie vor Mühe hat, den Weiterbestand des Hauses zu organisieren. Mehr Besucher bringe ihm der Monat der Fotografie nicht, das bestätigt auch Monika Faber für das Photoinstitut Bonartes. Schließlich ist es das Finden von Überraschendem, was ein Festival für viele ausmacht. Das, was man bei den üblichen Verdächtigen – Bonartes, Westlicht, Ostlicht, Albertina, Fotogalerie, Leica, Raum mit Licht – eben nicht vorgesetzt bekommt.

Die Gelegenheit für Entdeckungen bietet sich nun einen Monat lang. (Anne Katrin Feßler, 20.3.2019)