Oktober 1988: Panzer fahren in Algier auf. 30 Jahre später stellt sich die Armee gegen den Machthaber.

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Algier – Das einflussreiche algerische Militär geht weiter auf Distanz zu Präsident Abdelaziz Bouteflika. Generalstabschef Ahmed Gaed Salah sprach laut Medienberichten vom Mittwoch von "noblen Zielen" der Demonstranten, die seit Wochen in Massenprotesten ein Ende der Ära des 82-Jährigen fordern.

Schon am 10. März hatte Salah erklärt, das Militär und das Volk hätten die gleiche Sicht auf die Zukunft des Landes.

"Befreiungsfront" unterstützt Proteste

Die Partei des algerischen Präsidenten Abdelaziz Bouteflika hat sich an die Seite der Proteste gegen den altersschwachen Staatschef gestellt. "Die Söhne der Nationalen Befreiungsfront unterstützen diese Volksbewegung uneingeschränkt", sagte der Anführer der FLN, Mouad Bouchareb, am Mittwoch in einer Rede vor Parteifreunden. Für den Satz erhielt er langen Applaus.

Das algerische Volk verteidige in friedlichen Massenmärschen das Land, erklärte Bouchareb. Die FLN müsse sich an den Verhandlungstisch setzen, um das von dem Demonstranten geforderte Ziel eines "neuen Algeriens" zu erreichen. Die FLN regiert in Algerien seit der Unabhängigkeit im Jahr 1962. Bei der Wahl 2017 konnte sie die meisten Sitze im Parlament gewinnen.

RND bereut Fehler

Zuvor hatte sich bereits Algeriens zweitstärkste Kraft, die mitregierende Nationale Demokratische Sammlung (RND), vom Präsidenten distanziert. In einem Interview mit einem algerischen TV-Sender erklärte RND-Sprecher Seddik Chihab am Dienstag, seine Partei habe bei der Unterstützung einer erneuten Kandidatur Bouteflikas einen Fehler gemacht. Ihr habe der Mut gefehlt, ihre Zweifel zu äußern.

Seit Wochen kommt es in Algerien zu Massendemonstrationen gegen Bouteflika. Sie richteten sich zunächst gegen dessen erneute Kandidatur bei der Präsidentenwahl. Der 82-Jährige verzichtete daraufhin auf die Kandidatur und sagte Reformen zu. Zugleich verschob er aber die für April geplante Abstimmung auf unbestimmte Zeit und verlängerte damit seine Amtszeit, die Ende dieses Monats ausläuft. Viele Algerier sehen darin einen Verfassungsbruch.

Bouteflika ist seit 20 Jahren an der Macht. Seine Gegner halten ihn für nicht mehr in der Lage, das größte Flächenland Afrikas zu regieren. Er sitzt seit einem Schlaganfall im Rollstuhl und hat große Probleme beim Sprechen. In der Öffentlichkeit zeigt er sich kaum noch.


Bouteflika hatte nach wochenlangen Massenprotesten nachgegeben und seinen Verzicht auf eine weitere Amtszeit angekündigt. Er will aber erst abtreten, wenn es eine neue Verfassung gibt. (APA, Reuters, 20.3.2019)