Viel ist am Tag nach der Provinzwahl in den Niederlanden die Rede vom "zweiten Pim Fortuyn", den Freund wie Feind in Thierry Baudet ausgemacht haben wollen. Siebzehn Jahre nach dem Mord an dem offen schwulen Rechtspopulisten durch einen radikalen Tierschützer schickt Baudet sich an, das zersplitterte rechte Lager im Königreich zu einen. Für Ministerpräsident Mark Rutte, einen Liberalen, geriet die Wahl zur Ersten Kammer, die etwa mit dem österreichischen Bundesrat zu vergleichen ist, zur Schlappe.

Thierry Baudet ist vor allem dagegen.
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Zwölf der 75 Sitze wird Baudets Forum voor Democratie (FvD) laut dem vorläufigen Endergebnis künftig besetzen, damit ist seine Partei aus dem Stand zur größten der nunmehr zwölf Parteien in der Ersten Kammer avanciert. Und tatsächlich war es die Liste Pim Fortuyn, die 2002, sechs Tage nach dessen Tod, die zuletzt ein politisches Erdbeben solcher Magnitude ausgelöst hatte. Von null auf 26 Sitze kamen die Rechtspopulisten damals, allerdings in der Zweiten Kammer, dem politisch wichtigeren Teil des Haager Parlaments.

Zersplitterte Landschaft

Die Zersplitterung des politischen Spektrums der Niederlande wurde am Mittwoch demnach auf ihre bisherige Spitze getrieben, vor allem rechts der Mitte. Die Regierungskoalition, also Ruttes VVD, die Christdemokraten (CDA) und die linksliberale Partei D66, kommt zusammen nur auf 27 Sitze, 2015 waren es noch 35. Während die rechtspopulistische Freiheitspartei (PVV) des innerparteilich angezählten Geert Wilders am Mittwoch zu den Verlierern zählte, führt – theoretisch – an Baudets FvD künftig kein Weg mehr vorbei. Seine Wähler sind schließlich heute vor allem ehemalige Rutte-Anhänger.

Mit Ruttes nach fast zehn Jahren des Regierens schwindender Popularität allein ist Baudets Siegeszug nicht zu erklären. Und angesichts der Verluste von Wilders' PVV auch nicht mit dem Reizthema Migration. In einem Wahlkampf, der sich – bis zu dem Vorfall in einer Utrechter Straßenbahn am Montag jedenfalls – zu großen Teilen um Klimaschutz drehte, haben die beiden Gewinner der Wahl, Baudet vor allem, aber auch der Grüne Jesse Klaver, die Klaviatur der Argumente virtuos bespielt. Der Rechte hieß die ohnehin nicht eben ambitionierten Klimaschutzpläne der bürgerlich-liberalen Regierung "Hysterie", der Grüne schwang sich zum Fürsprecher jener auf, die auch in den Niederlanden für strengere Regeln auf die Straße gehen.

Jesse Klaver ist der zweite große Sieger der Wahl.
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Und während nach den Utrechter Morden die anderen Parteien ihren Wahlkampf einstellten, legte Baudet mit seiner düsteren Rhetorik vom Untergang des Westens erst so richtig los.

Mehr Grün

Und doch dürfte sich der abgestrafte Premier Rutte seine Mehrheiten in der Ersten Kammer in Hinkunft eher linkerhand suchen als rechts außen bei Baudet. Konkret: bei den Grünen, die sich von vier auf neun Sitze mehr als verdoppelten. Eine Zusammenarbeit mit dem FvD haben alle drei Koalitionsparteien ausgeschlossen. Baudet hatte den Preis dafür ohnehin vorab schon auf die Spitze getrieben, indem er die Ablöse von drei Ministern des Kabinetts Rutte forderte, das zusätzlich seine Klimaschutzpläne aufgeben und den Uno-Migrationspakt nicht weiter unterstützen sollte.

Beim Forum voor Democratie wird gefeiert.
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Noch gefällt sich Baudet im Dagegensein viel zu gut, als dass er es um des Regierens willen aufgäbe. Gut möglich also, dass der Rechtsruck in der Ersten Kammer zu mehr Grün in der Regierungspolitik führt. (Florian Niederndorfer, 21.3.2019)