Thierry Baudet hat seine rechtspopulistische Partei auf Platz eins geführt.

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Die Eule der Minerva, so wusste es der Philosoph Georg Wilhelm Friedrich Hegel schon vor zweihundert Jahren, hebt ihre Flügel erst mit dem Beginn der Dämmerung.

Der junge Mann, der in seiner Siegesrede vor jubelnden Funktionären und Wahlhelfern am Mittwochabend dieses Bild verwendete, ist allerdings kein deutscher Idealist, sondern ein niederländischer Rechtspopulist. Am Mittwoch hat sich Thierry Baudet (36) zu einem neuen Stern am Firmament der europäischen Rechten emporgeschwungen.

Sein Höhenflug bei der Wahl zum Senat hat aus dem studierten Historiker, der bisher im Schatten des polternden Geert Wilders stand, den ersten Anwärter auf das politische Erbe Pim Fortuyns gemacht – jenes 2002 ermordeten Rechtspopulisten, der mit seinem dandyhaften Auftreten markige Sprüche gegen den Islam erstmals in den Niederlanden salonfähig machte.

Wie Fortuyn inszeniert sich der Sohn eines Musikers und einer Psychologin mit Vorliebe als Intellektueller. So wildert er ungeniert im rechtsliberalen Teich, in dem eigentlich Ministerpräsident Mark Rutte der Hecht ist. Als der ehemalige Zeitungskolumnist Baudet 2017 mit seiner erst im Jahr davor gegründeten Partei Forum voor Democratie (FvD) in das Parlament in Den Haag einzog, hielt er seine Jungfernrede auf Latein und ließ sich ein Klavier in sein Abgeordnetenzimmer hieven.

Klimawandel-Skeptiker

Dass ihm das alles längst nicht genug ist, hält Baudet, der den Klimawandel anzweifelt, keineswegs geheim. "Niemand stoppt den Haager Mob, der das Land vor die Hunde gehen lässt. Darum muss ich das selbst tun", sagte er 2017. Seine Heimat werde durch den Zustrom von Flüchtlingen "homöopathisch verwässert", legte Baudet, der gute Kontakte in die US-Alt-Right-Szene pflegt, wenig später nach. Nun wurde sein FvD aus dem Stand heraus die stärkste Kraft in der einflussreichen Ersten Kammer des Parlaments.

Für Baudet ist dies nur eine weitere Etappe seiner historischen Mission. Nach den Schüssen von Utrecht stellten alle anderen Parteien ihren Wahlkampf ein. Er hingegen forderte sogleich einen radikalen Kurswechsel in der Migrationspolitik.

Denn in seiner geschliffenen Rhetorik ist die Dämmerung längst hereingebrochen über die Niederlande. Und dass er die Eule ist, die nun ihre Flügel hebt, um das Land und die westliche Kultur zu retten, steht für Baudet außer Zweifel. (Florian Niederndorfer, 21.3.2019)