Eduard L. vor seinem neuen Richter Oliver Graf im Februar.

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Am Dienstag wird der Prozess gegen den steirischen Arzt Eduard L. fortgesetzt. Dem Mediziner wird von seinen Kindern vorgeworfen, sie während ihrer Kindheit und Jugend viele Jahre psychisch und physisch gequält und von Suchtmitteln abhängig gemacht zu haben – DER STANDARD berichtete.

Es gilt die Unschuldsvermutung. Der Prozess ist bekanntlich die zweite Runde, nachdem der Freispruch von Richter Andreas Rom 2018 aufgehoben wurde.

Am Dienstag stehen eine weitere Einvernahme des Angeklagten und die kontradiktorische Einvernahme seines Sohnes an. Die drei Töchter und deren Mutter, die Ex-Ehefrau des Arztes, werden am 2. und 16. April einvernommen.

Zahlreiche Zeugen

Danach wird zumindest noch ein weiterer Termin zur Einvernahme weiterer Zeugen und allenfalls Sachverständiger anberaumt.

Die Anwältin und der Anwalt der Privatbeteiligten, also der drei Töchter im Alter von 24, 29 und 30 Jahren sowie des 20-jährigen Sohnes von L., haben zahlreiche nicht mit der Familie verwandte Zeugen beantragt. Diese wurden fast alle vom Richter des ersten Prozesses, der die Vorwürfe als familieninternen Rosenkrieg abtat, abgewiesen. Unter den Belastungszeugen und Belastungszeuginnen sind zwei Haushälterinnen der Familie, eine ehemalige Mitarbeiterin aus der Ordination des Beschuldigten und die Ex-Geliebte des Arztes, deren Vater unter noch ungeklärten Umständen durch eine Schusswaffe ums Leben kam – der Mann war ein Patient L.s und lebte in dessen Nachbarschaft – und die Witwe des Toten. Sie wurde im Juni 2018 wegen Falschaussage verurteilt, weil sie Eduard L. erst durch eine Aussage bei der Polizei entlastet hatte, dies aber später revidierte und angab, große Angst vor ihm gehabt zu haben.

Als Sachverständiger wollen die Anwälte der Kinder die Ladung des Psychiaters Patrick Frottier. Ein Zeuge, den die Rechtsvertreter der Kinder noch nicht beantragt hatten, doch bereits den Auftrag hierfür hatten, wird nie mehr aussagen können. Es handelt sich um einen 30-jährigen ehemaligen Patienten von Eduard L., der auch der Ex-Freund der 29-jährigen Tochter des Mediziners gewesen ist. Er hätte den Arzt im Zusammenhang mit der Vergabe von Suchtmitteln durch L. belasten können.

Wie die Polizei am Donnerstag bestätigte, wurde der Mann am Montag in seiner Wohnung in der Oststeiermark tot gefunden. Die Todesursache ist noch nicht bekannt, die Ermittler halten aber einen Zusammenhang mit Suchtmitteln für möglich.

Tot in der Wohnung gefunden

Der Mann war in der Vergangenheit suchtkrank, doch laut seiner Ex-Freundin, der Tochter des Beschuldigten, und einer engen Verwandten, soll er seit längerer Zeit "clean" gewesen sein. "Ich kann es natürlich nicht ganz sicher sagen", erzählt Letztere dem STANDARD, "aber eigentlich ist es in letzter Zeit bergauf gegangen". Der Mann sei sogar aus Graz weg und zurück in die Oststeiermark gezogen, um aus dem Einfluss von Drogen zu kommen.

Mit seiner Ex-Freundin hatte er seit Monaten wieder freundschaftlichen Kontakt. Auch aus den Chat-Protokollen der beiden geht hervor, dass er zuversichtlich in die Zukunft sah. Beide Frauen sind skeptisch, dass sich der Mann absichtlich eine Überdosis verabreicht haben könnte.

Die Anwältin von Eduard L. war für den STANDARD nicht erreichbar. Die Staatsanwaltschaft hat aber ohnehin eine Obduktion des Leichnams angeordnet.

Die Kinder hatten im Jänner 2018 gegen Richter Andreas Rom Anzeige wegen Amtsmissbrauches bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft eingebracht. Letztere sandte dazu einen Vorhabensbericht an die Oberstaatsanwaltschaft Wien, die ihre Stellungnahme hierzu wiederum schon 2018 an das Justizministerium weiterleitete. Dort liegt diese immer noch. (Colette M. Schmidt, 21.3.2019)