Alzheimer ist die häufigste Form der Demenz. Eiweißablagerungen im Gehirn führen dazu, dass die kognitiven Fähigkeiten nach und nach schlechter werden.

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Frankfurt am Main – Bei der Erforschung von Medikamenten zur Behandlung von Alzheimer muss ein weiterer großer Pharmakonzern einen herben Rückschlag verkraften. Das US-Biotechunternehmen Biogen gab zusammen mit seinem japanischen Entwicklungspartner Eisai den Stopp von zwei klinischen Phase-III-Studien mit dem Antikörper "Aducanumab" zur Bekämpfung der Nervenkrankheit bekannt.

Ein unabhängiges Kontrollgremium sei zu dem Schluss gekommen, dass der Wirkstoff nicht den erwünschten Effekt zeige, heißt es vonseiten des Pharmakonzerns Biogen. "Diese enttäuschenden Nachrichten bestätigen die Komplexität der Behandlung von Alzheimer", sagt Biogen-Chef Michel Vounatsos. Der Konzern will seine Forschung auf diesem Gebiet aber fortsetzen.

Der Molekularbiologe Hans-Ulrich Demuth vom Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie in Leipzig bezeichnet den Rückschlag als "Desaster". "Die bekannten Phase-II-Ergebnisse waren vielversprechend, es gab eine dosisabhängige Reduktion von Beta-Amyloid. Außerdem konnten leichte Kognitionsverbesserungen beobachtet werden, allerdings nur in den höchsten Dosen in der Nähe des Toxizitätslevels."

Lange Liste von Misserfolgen

Dem Experten zufolge habe es keinen Sinn, die Forschung an Antikörpern gegen Beta-Amyloid weiterzuführen. "Es ist teuer für die Geldgeber, am Ende enttäuschend für Geldgeber, Angehörige, Pflegende und vor allem die Patienten. Man hat wider besseres Wissen in all diesen Studien 'nur' auf Anti-Amyloid-Beta-Antikörper gesetzt und andere, innovative Ansätze ignoriert."

Anleger reagierten enttäuscht, zumal sich Investoren schon seit längerem skeptisch über die Alzheimer-Aktivitäten des Unternehmens gezeigt hatten. Die Aktien von Biogen sackten zur Eröffnung an der Wall Street um knapp 30 Prozent auf ein Drei-Jahres-Tief von 229,11 Dollar (201,79 Euro) und steuerten auf den größten Tagesverlust seit 14 Jahren zu. Dadurch schrumpfte der Börsenwert um rund 17 Milliarden auf gut 45 Milliarden Dollar.

Biogen reiht sich in eine lange Liste von Misserfolgen bei der Entwicklung von Therapien gegen Alzheimer ein. Zuletzt floppte der Schweizer Pharmariese Roche mit einem Mittel, Rückschläge mussten auch schon Eli Lilly, AstraZeneca, Johnson & Johnson oder Merck & Co verdauen. Pfizer stellte seine Entwicklung von Medikamenten gegen Alzheimer und Parkinson sogar ganz ein. Mehr als 100 klinische Studien erbrachten bisher keine wirksame Therapie für die schnell fortschreitende Demenzerkrankung, bei der sich im Gehirn der Betroffenen giftige Eiweißklumpen ansammeln, die die Nervenzellen schädigen. (red, APA, 23.3.2019)