Manchmal steckt in einem Witz mehr Wahrheit und Klarheit als in einem Scheidungsvertrag. Und auch mehr Bosheit. Das zeigte sich, als EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker zum Abschluss des EU-Gipfels launig bemerkte, man habe nicht nur über Großbritannien gesprochen, sondern auch über China. Mit den Chinesen seien die Diskussionen der Regierungschefs einfacher als über die Briten: "Nicht dass China jetzt der EU beitreten möchte, aber China verlässt uns nicht." Volltreffer.

Die nachgelieferte Relativierung, wonach er beide natürlich nicht über einen Kamm scheren wolle, weil die einen Rivalen, die anderen immer noch Familienmitglieder seien, kam zu spät. Junckers Witzelei zeigt die bittere Realität.

Das Vertrauensverhältnis zwischen den 27 EU-Partnern und den Briten ist drei Jahre nach dem britischen Austrittsreferendum und nach zwei Jahren zermürbender Verhandlungen und Tricksereien völlig zerrüttet. In Privatbeziehungen würde man sagen: Der Riss ist nicht mehr zu kitten.

Die eine Seite traut der anderen nicht mehr über den Weg – und umgekehrt. Die Partner haben die Nase voll, erwarten nichts mehr, wollen nur noch raus. Das jüngste Treffen der EU-Spitzen markiert einen mentalen Wendepunkt. Kein einziger der Regierungschefs der EU-27 sagt noch, wie schade es doch im Prinzip sei, dass die Briten austreten. Es geht ohne Illusionen nur noch darum, den Schaden gering zu halten. Um die Notifizierung des Scheidungsvertrages. (Thomas Mayer, 22.3.2019)