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Foto: AP / Evan Vussi

Nach 675 Tagen und 178 "witch hunt"-Tweets ist es also soweit: US-Sonderermittler Robert Mueller hat seine Arbeit beendet. Der Bericht, den er über mögliche Verbindungen zwischen US-Präsident Donald Trump, dessen Wahlkampfteam und dem Kreml verfasst hat, liegt im Justizministerium. Was darin zu lesen ist, wissen bisher wenige. Vermutlich wird schon in den kommenden Tagen mehr bekannt werden.

Jene Details, die man bisher kennt, stammen aus Verlautbarungen des US-Justizministeriums. Ihr Spin ist jener der Trump-Regierung. Aber aus den Informationen lässt sich erahnen, dass die schlimmsten Befürchtungen des Präsidenten nicht Realität geworden sind – und damit auch die Hoffnungen manch seiner Gegner. Trotzdem ist es gut, dass die Untersuchung stattgefunden hat. Aber es ist noch besser, dass sie endlich vorbei ist.

Denn das Ende der Mueller Untersuchung eröffnet die Perspektive, dass statt Zerrbildern der politischen Wirklichkeit endlich die Realität in den Fokus rückt. Zu oft haben Gegner Trumps, liberale wie konservative, in den vergangenen knapp zwei Jahren spärlich gestreute Informationen beklatscht und vage Andeutungen bedeutungsschwanger verbreitet. Zu oft sind Gefängnisstrafen und Landesverratsvorwürfe zu seichten Pointen in Abend-Talkshows oder zu abfälligen Nebenbemerkungen in einem politischen Zirkus geworden – alles Verhaltensweisen, wie sie Demokraten bisher an konservativen Republikanern kritisiert hatten.

Sinnvolle Untersuchung

Das soll nicht heißen, dass die Untersuchungen nicht sinnvoll wären: Die Vorwürfe der Zusammenarbeit mit einer ausländischen, autoritären Regierung, um die mächtigste Demokratie der Welt zu sabotieren, wiegen schwer. Und auch, wenn der fertige Report diese Vorwürfe nicht voll zu bestätigen scheint: Die bisherigen Anklagen gegen Trumps Ex-Kampagnenchef Paul Manafort, seinen Ex-Vizekampagnenchef Rick Gates, seinen engen Berater Roger Stone, seinen Ex-Vertrauensanwalt Michael Cohen und mehrere weitere enge und weniger enge Mitarbeiter zeichnen, auch höflich ausgedruckt, ein äußert unschönes Sittenbild der Trump-Umgebung. Darauf, das alles zu wissen, hatten und haben die US-Bürger ein Recht.

Aber vor allem zeigt das Verhalten Trumps, dass er kaum jenes politische Genie sein kann, als das ihn seine Anhänger verehren und manche Demokraten seit seinem überraschenden Wahlsieg 2016 fürchten. Das gilt besonders dann, wenn die Ermittlungen so wenige Anhaltspunkte gegen ihn bieten sollten, wie das Weiße Haus am Freitagabend glauben machen wollte. Sich als Unschuldiger so verdächtig zu verhalten wie Trump das tat, setzt in der Tat eine spezielle Veranlagung voraus – aber keine, die viel Genie nahelegt.

Und genau da liegt auch die Chance für Trumps Gegner. Die Vorstellung, der Präsident habe sich mit dem Ausland fast unbesiegbar gegen sie verschworen, hat dazu geführt, dass viele Demokraten ihr politisches Schicksal Ermittlungsergebnissen auslieferten, deren Ausgang sie nicht kontrollierten. Sie können ihre Anstrengungen nun darauf verwenden, die zahlreichen anderen Baustellen zu beackern, die der Präsident ohnehin für sie aufbereitet hat: Die offensichtliche Inkompetenz, mit der er und seine Team auch nach mehr als zwei Jahren wesentliche Aspekte der US-Innen- und Außenpolitik gestalten. Das Versagen der Regierung bei ihren hochtrabenden Infrastruktur-Plänen, der Belebung des Rust-Belt, beim Kampf gegen die Drogenkrise; die von Trump befeuerte, wachsende Ungleichheit; die zunehmend schwächelnde Wirtschaft; die drohende Klimakatastrophe.

Dass das Ziele sind, die sich auch in Stimmen ummünzen lassen, zeigt nicht zuletzt der Erfolg bei den Midterm-Elections. Sind die Demokraten damit auch 2020 erfolgreich, wäre Trump abgewählt – und zwar von den Bürgern statt von Ermittlungsbehörden. (Manuel Escher, 23.3.2019)