Die Forderungen nach einem Rücktritt der britischen Premierministerin Theresa May werden lauter.

Foto: APA/AFP/ADRIAN DENNIS

London – Wenige Tage vor dem ursprünglich angepeilten Brexit-Datum gerät die britische Premierministerin Theresa May immer stärker unter Druck. Elf Minister ihres Kabinetts wollten May den Rücken kehren und sie durch einen Übergangspremier ersetzen, der den EU-Austritt vollziehen solle, berichtete die "Sunday Times".

Im Gespräch seien mehrere Kandidaten, darunter ihr faktischer Vize, David Lidington, Umweltminister Michael Gove und Außenminister Jeremy Hunt. Finanzminister Philip Hammond stärkte May dagegen den Rücken. "Nein, ich glaube gar nicht, dass dem so ist", reagierte er beim Sender Sky auf eine Frage nach dem Bericht. Lidington sagte, er wolle nicht Premierminister werden. In London hatten am Samstag über eine Million Menschen gegen den Brexit demonstriert und ein zweites Referendum verlangt.

"Es ist heute Nacht ein ausgewachsener Kabinettsputsch im Gange", schrieb die "Sunday Times". May solle am Montag bei einer Kabinettssitzung mit der Forderung nach ihrem Rücktritt konfrontiert werden. Sollte sie sich dem Druck ihres Kabinetts nicht beugen, wollten die Minister ihrerseits mit Rücktritt drohen. Mays Büro wollte sich zu dem Bericht nicht äußern. Zuvor hatten die "Times" und der "Daily Telegraph" über wachsenden Druck auf May berichtet, ihr Amt niederzulegen. Es werde bereits über einen Zeitplan gesprochen. Aus Regierungskreisen verlautete dagegen, die Berichte seien falsch.

Brexit-Minister Steve Barclay warnte vor einer Neuwahl, falls das Parlament diese Woche das Heft des Handelns im Ringen um den EU-Austritt an sich reißt. Dies könne geschehen, wenn sich die Abgeordneten hinter Vorschläge stellten, die den Plänen der Regierung widersprächen. "Am Ende wäre die logische Konsequenz, dass das Risiko einer Neuwahl steigt, da es womöglich dazu kommt, dass das Parlament der Exekutive ein Vorgehen vorschreibt, das ihren Wahlversprechen entgegensteht", sagte er der BBC. May war es zuletzt nicht gelungen, eine Mehrheit für die von ihr mit der EU ausgehandelten Brexit-Vereinbarung zu erhalten. Damit steckt die Regierung in der Sackgasse. Kommende Woche könnte es nun zu Probeabstimmungen kommen, um herauszufinden, welche Brexit-Regelung das Unterhaus bevorzugt.

Die EU hat Großbritannien einen Aufschub gewährt, so das das Land nicht wie ursprünglich geplant am kommenden Freitag aus der Gemeinschaft austreten muss. Sollte sich das Unterhaus in einer dritten Abstimmung nun doch noch für Mays Vereinbarung entscheiden, käme es am 22. Mai zu einem geregelten Brexit. Setzt May sich nicht durch, läuft eine Frist bis zum 12. April, in der Großbritannien der EU einen neuen Vorschlag unterbreiten oder sich für einen ungeregelten Brexit entscheiden kann.

Optionen

Einige Abgeordnete fordern Mays Rücktritt im Gegenzug für ihre Zustimmung zu dem Abkommen. Ob es allerdings überhaupt eine dritte Abstimmung darüber geben wird, ist unklar. Ist Mays Deal tatsächlich tot, wird das Parlament versuchen, eine andere Option zu finden. Dies könnte einen wesentlich weicheren Brexit als von May beabsichtigt bedeuten, ein neues Referendum, eine Absage des Brexits oder sogar eine Neuwahl.

In der Bevölkerung wächst der Unmut über die Brexit-Politik der Regierung. Hunderttausende Briten demonstrierten in der britischen Hauptstadt gegen einen Austritt aus der Europäischen Union und forderten ein zweites Brexit-Referendum. Die Organisatoren sprachen von mehr als einer Million Teilnehmern und damit deutlich mehr als bei einer ähnlichen Kundgebung im Oktober. Diese war mit etwa 700.000 Demonstranten die bisher größte Kundgebung gegen den von der Regierung geplanten Brexit. (APA, red, 24.3.2019)

Anmerkung: Dieser Artikel wurde aktualisiert