Der Torres-del-Paine-Nationalpark in Patagonien lockt meist vermögende Touristen an. Manchmal sind auch Schnäppchenjäger erfolgreich.

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Wer muss schon unbedingt in den Torres del Paine, den Nationalpark im Süden Chiles, nach Lima, Vientiane oder an die Ostsee? Womöglich noch im März? Wenn das aber zu Bedingungen möglich ist, bei denen man anfangs an einen Fehler denkt, überlegt der eine oder die andere dann möglicherweise doch.

"Wir inspirieren Leute, spontan etwas zu machen", sagt David Armstrong, CEO des Berliner Start-ups Urlaubspiraten, dem STANDARD. "Man bekommt beispielsweise eine Whatsapp-Nachricht, dass es einen Flug um 200 Euro nach Buenos Aires gibt. Hatte man vor, nach Buenos Aires zu fliegen? Nein. Aber für 200 Euro kann man doch einen Gedanken daran verschwenden."

Die Idee für die professionelle Schnäppchensuche stammt von Igor Simonow, der als Student in Deutschland begann, im Internet günstige Reiseangebote aufzuspüren und zu publizieren. Gemeinsam mit Sebastian Kaatz gründete er 2012 die Holiday Pirates GmbH. Armstrong, der ursprünglich aus München stammt, viele Jahre beim Reiseveranstalter FTI arbeitete und dann unter anderem eine Kongressmanagementfirma in der Schweiz leitete, stieß 2014 dazu.

Suche nach Deals

"Die Firma war noch klein, keine 20 Leute. Die Gründer haben gemerkt, dass aus einer Passion langsam ernst wird. Weil sie selbst wenig Erfahrung mit Unternehmensführung hatten und Strukturen brauchten, haben sie jemanden gesucht und sind so auf mich gestoßen", sagt Armstrong. Dabei sei er selbst Quereinsteiger: "Ich habe Geschichte und Politik studiert." Die Leidenschaft für Reisen sei aber schon immer da gewesen.

Inzwischen haben die Urlaubspiraten 220 Mitarbeiter, 170 davon sitzen in der Zentrale in Berlin. Büros gibt es außerdem in Boston, London, Sevilla, Lyon und Belgrad. In der serbischen Hauptstadt sitzen Softwareentwickler, die Niederlassung wird als "verlängerte Werkbank" genutzt. Mit mehr als zehn Millionen Followern sind die Urlaubspiraten die größte Urlaubsmarke auf Facebook.

"Wir screenen permanent Angebote, bedienen uns einer ausgeklügelten Technologie, die Datenquellen anzapft und unseren Redakteuren Deals vorschlägt." Die eigentliche Arbeit beginne hinterher – mit der Recherche: Was gibt es Vergleichbares, wie viel kostet das. Dann stelle sich mitunter heraus, dass es woanders zum selben Preis oder um wenige Euro mehr ein Produkt gibt, das aber werthaltiger ist. "Dann ist es oft so, dass wir zu unseren Partnern sagen, schaut her, dort gibt es das und das Angebot, könnt ihr noch eine Komponente dazugeben? Wenn nicht, ist es kein Deal für uns, und wir preisen das auch nicht an", sagt Armstrong.

Hinter einem besonders guten Angebot stehe in den meisten Fällen die Notsituation eines Reiseveranstalters oder einer Airline, die das Hotelbett oder den Flugsitz abverkaufen müssen. "Keiner macht Superangebote aus Nächstenliebe, das entspringt immer einem Zwang", sagt Armstrong. Oder sei einem Fehler geschuldet.

Falsche Preise

Wenn ein Flug, der normalerweise 650 Euro kostet, plötzlich mit 65 Euro angeschrieben steht, könne man davon ausgehen, dass bei der Eingabe die Null vergessen wurde. Manchmal würden sogenannte Error-Fares von den Airlines rechtzeitig bemerkt und rasch korrigiert, manchmal nicht. Damit verdienten die Urlaubspiraten selbst kein Geld, weil Airlines für ein Verlustgeschäft nicht auch noch Provision zahlen wollten.

Ursprünglich finanzierten sich die Urlaubspiraten rein über Provisionen. Mittlerweile ist man dazu übergegangen, Rahmenverträge mit Partnern abzuschießen. Käuflich sei man dennoch nicht. "Ein Deal muss wirklich ein Deal sein, sonst publizieren wir ihn nicht. Unser Kapital ist das Vertrauen der Kunden, damit zu spielen wäre fatal", sagte Armstrong.

Primäre Zielgruppe seien die Millennials, die Gruppe der 25- bis 35-Jährigen. Die meisten ziehe es möglichst weit weg, wenn Preis und Leistung passten. Asien und Südamerika lägen in der Präferenz der Reisenden ganz weit oben. (Günther Strobl, 24.3.2019)